Dass man politische Ziele auch gewaltlos erreichen kann, zeigte im vorigen Jahrhundert der hinduistische Politiker Mahatma Gandhi als Vertreter eines interkulturellen Humanismus. Obwohl er damit Orientierung auch für das 21. Jahrhundert der Globalisierung gegeben hat, das durch die weltweite Vielfalt von Religionen und Weltanschauungen geprägt ist, wird Friedenspolitik auch in Europa fast nur noch militärisch definiert und mit gewaltiger Aufrüstung zementiert - gegen den Willen der Menschen in Europa. Die absehbaren Folgen sind fatal.
Auf dem Weg Europas zur wirtschaftlichen und militärischen Supermacht erfolgt gegen den Willen der Menschen eine zuvor nie da gewesene weltweite Aufrüstung statt Abrüstung, die den Waffeneinsatz in Krisengebieten und zur eigenen Wohlstandssicherung geradezu provoziert. In Europa besteht auf der Ebene der EU mittlerweile politischer Konsens, die europäische Militärpolitik mit interventionistischen Einsätzen weltweit auszuweiten: Mit der Nato sollen militärische Interventionen auch erfolgen zur Sicherung von Energie, insbesondere von Öl- und Gasressourcen in Afrika, Asien und Nahost, wie schon im Sicherheitskonzept des deutschen Verteidigungsministers erhalten.
In der EU-Verfassung bzw. im jetzigen Verfassungsvertrag, ist deshalb die Aufrüstungsverpflichtung aller EU-Mitgliedsstaaten zum bindenden Verfassungsziel erhoben worden. Russland als „strategischer Partner der EU will es seinen staatlichen Energiekonzernen daraufhin ermöglichen, eine Privatarmee aufzubauen. Damit führt die neoliberale Konkurrenzwirtschaft absehbar zu Wirtschaftskriegen, die uns an Militäreinsätze für Wirtschaftsinteressen zur eigenen Wohlstandssicherung unter Missachtung von Menschenleben gewöhnen soll. Hier begegnen sich Politik ohne Prinzipien und Geschäft ohne Moral als „Todsünden der Menschheit“.
Höchstes Rüstungsniveau in der Menschheitsgeschichte
Weltweit stiegen im Vorjahr die Rüstungsausgaben auf das neue Rekordhoch in der Menschheitsgeschichte von 900 Milliarden Euro, das sind 137 € pro Kopf der Weltbevölkerung und ein Anstieg binnen eines Jahres um 3,5%, in den 10 Jahren zuvor um satte 35%. Mit nur einem Bruchteil dieser Ausgaben könnte der weltweite Hunger erfolgreich bekämpft werden. Ein Ende dieses Rüstungswahnsinns ist nicht in Sicht und alle Abrüstungsabkommen sind Makulatur. Deutschland spielt in der Weltliga wieder ganz oben mit beim Verkauf deutscher Waffen in alle Welt. Die deutsche Rüstungsindustrie verdient prächtig an den internationalen Konflikten. Nicht von ungefähr stiegen nach Angaben des schwedischen Friedensforschungsinstitutes SIPRI die deutschen Waffenexporte rasant innerhalb eines Jahres um mehr als das Doppelte von 1,5 Mrd. Dollar 2005 auf 3,9 Mrd. Dollar 2006.
Damit ist Deutschland als wirtschafts- und einwohnerstärkstes Land Europas drittgrößter Waffenexporteur der Welt, hinter USA und Russland und noch vor China, allen politischen Restriktionen und Menschenrechtserklärungen zum Trotz. Knapp 60 Jahre seit Bestehen der Bundesrepublik im Nachkriegsdeutschland und 17 Jahre nach der deutschen Vereinigung mit Ende des „kalten Krieges“ und Rüstungswettlaufes auf einem befriedeten europäischen Kontinent tragen wir also zu einem neuen weltweiten Rüstungswettlauf nie da gewesenen Ausmaßes maßgeblich bei, der auch den Einsatz der Waffen im Interesse der Rüstungslobby immer wahrscheinlicher werden lässt.
Die unwahre Friedenslegende von Europa
Das ist die dunkelste Wolke derzeit über Europa, in dem es mit der Legende aufzuräumen gilt, dass die Gründung der NATO und der EU (mit dem Vorläufer EWG) anfänglich als Akt der Friedenssicherung im Nachkriegseuropa motiviert war. In Wahrheit war dies in Zeiten des kalten Krieges und der europäischen Spaltung als militärisches und wirtschaftliches „Bollwerk“ gegen den Osten gedacht, der mit dem Warschauer Pakt und der Wirtschaftsgemeinschaft RGW reagierte.
Heute baut das „Europa der Kaufleute und Konzerne“ mit der „Liberalisierung der Kapital- und Warenströme“ im europäischen Binnenmarkt - als Freihandelszone im Kampf um die weltweite Marktführerschaft, um Rohstoffsicherung und Vormachtstellung gegenüber den anderen Kontinenten und Supermächten - auf einem fatalen Welt- und Menschenbild: Die neoliberale Ideologie mit dem Marktfundamentalismus und dem rücksichtslosen Konkurrenzkamp erfordere zwangsläufig den Einsatz von Waffen, ohne Rücksicht auf die Verlierer in den ärmsten Weltregionen. Das neue Europa – ein Imperium der Schande?
Auf einer Weltfriedenskonferenz des Internationalen Weltkinderhilfswerkes Word Vision kürzlich in Bochum - mit hochrangigen Politikern wie Michail Gorbatschow, und Lech Walesa, mit Künstlern wie dem mexikanischen Sänger Carlos Santana sowie Kirchenvertretern wie Erzbischof Desmond Tutu - wurde festgestellt: Viele Länder in Europa haben sich auf Waffen konzentriert und nicht auf das Wesentliche. Daher dürfe die Bevölkerung der Politik nicht mehr vollständig vertrauen. Erinnert wurde an die größte Friedensdemonstration in der Menschheitsgeschichte am 15. Februar 2003 gegen den verlogenen Krieg um Öl im Irak, als weltweit 18. Millionen Menschen in 660 Städten der Erde zeitgleich auf die Straße gingen, angestoßen durch einen Aufruf des Europäischen Sozialforums der Zivilgesellschaft in Florenz. Das war sicher im Sinne von Mahatma Gandhi und hat dunkle Wolken vertrieben.