Wilhelm Neurohr

Leserbrief:

„Klimaschutz braucht Abrüstung:

Militär und Rüstung als Klimakiller Nr. 1“

In der aktuellen Debatte um Klimaschutz werden die Folgen von Militär und Kriegseinsätzen und Rüstungsproduktion sowie von bevorstehenden „Klimakriegen“ (zur Abwehr von Klimaflüchtlingen und Kampf um verbliebene Lebensräume, um Wasser und Rohstoffe) sträflich vernachlässigt. Das sozialökologische Institut für Wirtschaftsforschung (ISW) hält jedenfalls Krieg und Militär für den Klimakiller Nr. 1. Obwohl die Armeen und die Rüstungsindustrie weltweit enorme Mengen an klimaschädlichen Emissionen verursachen, wurden diese auf Druck der NATO aus sämtlichen UN-Klimadokumenten einschließlich Kyoto-Protokoll und der Charta von Paris ausgeklammert.

Hier nur einige Fakten: Krieg und Militär gehören zu den größten Verbrauchern von Energie und anderen Ressourcen und verbrauchen zudem weltweit 1,8 Billionen Dollar an Rüstungsausgaben – der Höchststand in der Menschheitsgeschichte. Diese Geldsumme würde stattdessen dringend für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen und Soziales benötigt. Stattdessen ist allein das US-Verteidigungsministerium Pentagon mit einem Anteil von fast 80% am gesamten fossilen Energieverbrauch der US-Regierung beteiligt und damit einer der größten Klimasünder in der Welt.

Der enorme Treibstoffverbauch von Kriegsflugzeugen und Kriegsschiffen wird in dem Verbrauch von 70 bis 100 Liter Kerosin pro Minute deutlich. Allein auf der umstrittenen US-Base im deutschen Ramstein werden bei jährlich 30.000 Starts und Landungen 1,35 Mrd. Kubikmeter klimaschädliche Abgase freigesetzt. Der fliegende Großtransporter Galaxy verbraucht bei einem Start 3.500 Liter Treibstoff. Von den Klimaschäden durch die Rüstungsproduktion in Zeiten der Hochrüstung erst gar nicht zu reden. Für die Anleger lohnen sich die Rüstungsaktien, deren Renditen nach Recherche von Finanzfachleuten geradezu explodiert sind um 250% bis über 2.700% !

Es bedarf also dringend einer aktionsorientierten Zusammenarbeit von Friedens- und Umweltbewegung sowie sozialen Bewegungen. Auch „Fridays for Future“ muss erkennen: Klimaschutz braucht Abrüstung! Denn auch das politische Klima ist gefährdet! Wir standen ja zum Jahresauftakt mit dem Iran-Konflikt nicht nur fast am Rande eines globalen Weltkrieges. Wir leben gleichzeitig permanent mit der tickenden Zeitbombe des größten Arsenals an Atomwaffen (so auch am deutschen Standort in Büchel/Pfalz).

Besonders drastisch werden wir von Februar bis Mai diesen Jahres auch bei uns im nördlichen Ruhrgebiet über die A 2 und quer durch Deutschland die größte klimabelastende Truppen- und Panzerbewegung der NATO und US-Army erleben - mit 37.000 Soldaten, zur Vorbereitung der bislang größten Militärübung namens „Defender Europe 2o“ in Osteuropa, vor den Grenzen des imaginären Feindes Russland. Aus den USA kommen 20.000 Soldaten mitsamt Militärmaterial in Flugzeugen und Schiffen über den Atlantik, mit Militärtransporten über deutsche Häfen, Schienen und Straßen, die eigens panzertauglich ausgebaut wurden.

Wird der damit wieder auflebende „kalte Krieg“ die Klimaerwärmung abkühlen können? Eher wird das politische und meteorologische Klima damit weiter aufgeheizt, so dass massiver Widerstand durch die Zivilgesellschaft mitsamt „Fridays for Future“ dringend angesagt ist! Denn es geht um die existenzielle Menschheitsfrage: Wer macht unsere Erde zuerst unbewohnbar: Der Klimawandel oder die dominanten Militärexperten mit ihrem Waffenarsenal, die dem Klimakollaps zuvorkommen? Die weltweit mehr als 23.000 Atomwaffen - darunter die ca. 20 US-Atomwaffen in Deutschland (Büchel) mit der 100-fachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe - reichen aus, um die Welt mehrfach zu zerstören. Beide realen Gefahren für die Menschheit und den Lebensraum Erde sind in den Blick der Gegenbewegung zu nehmen mit dem Ziel der kompletten Kehrtwende in der Menschheitspolitik.

Wilhelm Neurohr

Haltern am See