Wilhelm Neurohr

Kurzkommentar zur Neujahrsrede der Kanzlerin:

„Vom eigenen Versagen ablenken“

Wenn Kanzlerin Merkel in ihrer Neujahrsrede betonte, die Menschen sollten „auch in Zukunft einen guten und sicheren Arbeitsplatz und im Alter eine verlässlicher Rente haben“ , so ist das an selbstgerechter Heuchelei nicht zu überbieten. Denn nach bald 15 Jahren Kanzlerschaft mit Regierungsverantwortung für den Sozialstaat hat sie 4 Millionen Menschen, vor allem Frauen, in prekären Beschäftigungsverhältnissen politisch zu verantworten (Minijobs, Befristung, Leiharbeit, Zwangsteilzeit). Weil diese trotz Arbeit kaum ihren Lebensunterhalt davon bestreiten können, sind 3,3 Mio. Erwerbstätigen auf einen Zweitjob angewiesen zur Ernährung der Familie. Mit 22,5% Niedriglöhnern nimmt Deutschland in der EU einen traurigen Spitzenplatz ein. Und jeder fünfte Rentner ist absehbar von Altersarmut betroffen. 26% der Frauen gehen mit hohen Abschlägen in Rente.

Schon bei der Neujahrsrede im Vorjahr beklagte die Kanzlerin (zuvor Familien-und Jugendministerin) die hohe Kinderarmut in Deutschland, die seither weiter gestiegen statt gesunken ist. Und ihr Appell in Sachen Klimaschutz ist der Gipfel an Unverfrorenheit, denn schon 1994 war sie Bundesumweltministerin und danach „Klimakanzlerin“, die aber erst jetzt nach verlorenen 16 Jahren auf öffentlichen Druck hin ein unzureichendes „Klimapaket“ zustande gebracht hat. Will sie von ihrem eigenen Versagen ablenken? Mit ihrer Neujahrsrede hat sie uns Silvester verdorben!

Wilhelm Neurohr