Wilhelm Neurohr

Leserbrief zum Kommentar von Matthias Koch (RN am 1. Nov. 2018) über die neuesten Arbeitslosenzahlen

Zweifelhafte Erfolgsmeldungen am Arbeitsmarkt

Die laut amtlicher Statistik auf 4,9% gesunkene Arbeitslosenquote (2,2 Mio. Betroffene mit ihren Familien) nimmt Kommentator Matthias Koch zum Anlass, vor allem die Agenda 2010 als "Erfolgsmodell" zu lobpreisen. Bei näherer Betrachtung ist die Erfolgsquote jedoch sehr zweifelhaft: Bekanntlich liegt die Arbeitslosenzahl deutlich höher, weil über 1,4 Mio. Betroffene nicht in der amtlichen Statistik erfasst sind (ABM, 1-€-Jobs, Ältere über 58, Umschulungsmaßnahmen, Altersteilzeitler, Unterbeschäftigte, Kurzarbeit etc.). Die wahre Quote beträgt also fast 8% oder 3,6 Mio. Betroffene zuzüglich 134.000 in der "stillen Reserve", die sich nicht arbeitslos melden, aber arbeiten möchten.

Und von den gepriesenen neuen sozialversicherungspflichtigen Jobs sind 21,4% im Niedriglohnsektor, denn 7,5 Mio. Menschen arbeiten in Minijobs und fast 10 Mio. abhängig Erwerbstätige sind "Aufstocker" mit Hartz-IV. Über 1 Mio. sind Leiharbeiter, deren Zahl um 43% in den letzten 10 Jahren gestiegen ist. Trotz Job leben 10% der Erwerbstätigen an der Armutsgrenze und können von der eigenen Arbeit nicht leben oder brauchen mehrere Jobs. Etwa 20% der Beschäftigten, 600.000 Arbeitnehmer, gehen neben ihrer Hauptarbeit noch einem Nebenjob nach. Vielen davon drohen im Alter die Armutsrente und nicht bezahlbare Wohnungen. Alles das ignoriert Matthias Koch in seinem lobhudelnden Kommentar über die Merkelsche "Erfolgspolitik".

Wilhelm Neurohr