Wilhelm Neurohr

Leserbrief an die RN zu den Berichten über das Inkrafttreten des JEFTA-Freihandelsabkommens mit Japan:

„JEFTA-Freihandelsabkommen gefährdet die öffentliche Wasserversorgung

Völlig unkritisch und einseitig wird in allen Medien das Inkraftreten des JEFTA-Freihandelsabkommns zwischen der EU und Japan geradezu euphorisch begrüßt. Die „größte zollfreie Freihandelszone der Welt“ bringe in Zeiten des Trump´schen Handelskrieges angeblich nur Vorteile für alle und für das Gemeinwohl. In Wirklichkeit werden jedoch nicht nur soziale und ökologische Standards aufgeweicht, sondern öffentliche Dienstleistungen und die öffentliche Wasserversorgung geraten massiv unter Privatisierungsdruck.

Vor allem werden die Interessen großer Konzerne und deren Einfluss auf politische Entscheidungen abgesichert, bevor Abgeordnete von den einzelnen Vorhaben verfahren. Nicht ohne Grund ist dieses Abkommen wiederum in Hinterzimmern der EU nichtöffentlich und ohne Beteiligung der 28 Nationalparlamente und der Zivilgesellschaft ausgeheckt wurde. Im zweiten Akt sollen dann auch wieder die umstrittenen Schiedsgerichte nachverhandelt werden, die unsere demokratische Gewaltenteilung faktisch außer Kraft setzen. Wunsch und Wirklichkeit des EU-Japan-Abkommens klaffen also weit auseinander.

(siehe hierzu auch die Recherchen von „Lobbycontrol“ und „Fairer Welthandel“).

Kommentar:

Das JEFTA-Freihandelsabkommen

Ein weiterer undemokratischer Akt der EU gegen das Allgemeinwohl zugunsten von Großunternehmen

von Wilhelm Neurohr

Mit der Verabschiedung des umstrittenen JEFTA-Abkommen am 12. Dezember durch das EU-Parlament hat die EU-Kommission gezeigt, dass sie aus dem großen Widerstand von Millionen EU-Bürgern gegen TTIP, CETA, TiSA & Co. nichts gelernt hat – und vor der Europawahl die Bürgerinnen und Bürger weiter gegen sich aufbringt. Stolz verkündet sie in Zeiten der Trump´schen Handelskriege, dass mit dem bilateralen EU-Wirtschaftpakt mit Japan die größte Freihandelszone der Welt bald in Betrieb geht. Und besonders stolz ist die EU darauf, dass es ihr gelungen ist, die demokratische Beteiligung der 27 Nationalparlamente geschickt zu umgehen, indem sie solche Punkte ausgeklammert hat, die das erforderlich gemacht hätten. So zum Beispiel die umstrittenen privaten Schiedsgerichte als Sondergerichtsbarkeit zugunsten ausländischer Großkonzerne. (Diese soll dann in einem Zusatzabkommen JEFTA II nachverhandelt werden).

Die EU-Handelskommissarin Malmström, eine Meisterin der geheimen Hinterzimmer-Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, behauptet, der JEFTA-Pakt bringe unseren Unternehmen, Landwirten und Dienstleistern angeblich klare Vorteile, einhergehend mit der Verpflichtung zu höchsten Standards für die Arbeitnehmer, Verbraucher und die Umwelt. Auch in sämtlichen Leitmedien einschließlich der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunksender wurde dieser Mythos verbreitet. Die EU-Kommission, verschiedene Abgeordnete des Europäischen Parlaments und deutsche Politiker sowie viele Konzerne – sie alle sehen im Handelsabkommen der EU mit Japan ausschließlich Vorteile: Die Wirtschaft soll dadurch weiter wachsen, angeblich gelten höchste Standards.

Was dabei jedoch kleingeredet wird, sind die möglichen Risiken, die sich durch JEFTA für Mensch und Umwelt ergeben. Die Organisation Lobbycontrol hat die Aussagen verschiedener Institutionen und Personen zu JEFTA unter die Lupe genommen und festgestellt: Wunsch und Wirklichkeit des EU-Japan Handelsabkommens klaffen weit auseinander (Siehe pdf-Datei links nebenstehend oder: https://www.lobbycontrol.de/2018/12/jefta-entzaubert-neun-mythen-ueber-das-eu-abkommen-mit-japan/ ).

Privatisierungsdruck für öffentliche Dienstleitungen und Wasserversorgung

In Wirklichkeit werden nicht nur soziale und ökologische Standards auzfgeweicht, wie das Netzwerk „gerechter Welthandel“ feststellt, sondern öffentliche Dienstleistungen und die öffentliche Wasserversorgung geraten unter Privatisierungsdruck. Auch der enthaltene Hinweis auf das Pariser Klimaabkommen sind „nur schöne Worte“, wie Kritiker aus dem EU-Parlament bemerken, von denen immerhin 152 gegen das JEFTA-Abkommen gestimmt haben bei 40 Enthaltungen, aber leider 474 Zustimmungen.

In einem Kommentar in der taz vom 13.12.2018 bringt es Anja Krüger treffend auf den Punkt: „Bei JEFTA oder CETA geht es nicht um leichteren Handel für alle im Interesse des Gemeinwohls. Es geht um politische Weichenstellungen – zugunsten von Großunternehmen. Aus guten Gründen sind viele Menschen gegen diese Abkommen. Sie sind gegen noch mehr Einfluss für große Unternehmen und durchaus für mehr Handel, aber eben fairen“. (Hoffentlich sind die Menschen bereit, dafür wieder zu Hunderttausenden auf die Straße zu gehen wie bei TTIP und CETA, so kann man nur wünschen).

Die EU-Kommission sei sich sehr schlau vorgekommen, als sie das in Hinterzimmern „ausbaldowert“ habe, bemerkt die Kommentatorin weiter: „Die EU-Kommission nimmt den Protesten die Angriffsfläche, indem sie den Zwang zur Ratifizierung über die nationalen Parlamente unterläuft. Das ist undemokratisch, und das ist fatal. Denn es bringt die Menschen auf gegen die EU. Dabei braucht der Kontinent angesichts der Gefahr von rechts das Gegenteil: RepräsentantInnen, die Menschen für die Idee eines geeinten Europa gewinnen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer der Warnung vor dem absehbaren Katzenjammer (mitsamt Krokodilstränen) nach dem Europawahltag am 26. Mai 2019, den sich die kriselnde, aber unbelehrbare neoliberale EU-Elite selber zuzuschreiben hat, weil sie sämtliche bisherigen Warnschüsse ausgesessen hat. Betroffen aber sind wir alle. Denn es ist unser Europa und nicht das der Eliten. Deshalb kann Europa nur demokratischer werden oder es wird gar nicht mehr sein. Aber Demokratie und Neoliberalismus verhalten sich so unvereinbar wie Feuer und Wasser – deshalb gibt es nach dem 26. Mai wohl allerlei zu löschen, so ist zu befürchten, denn die JEFTA-Befürworter gehören zu den Brandstiftern.