Wenn laut dpa-Bericht jährlich 300.000 Mal in Privathaushalten wegen (zumeist unverschuldeter) Zahlungsschwierigkeiten der Strom abgeschaltet wird, so ist das gegenüber den betroffenen Personen und Familien, vor allem den mit betroffenen Kindern oder Senioren in mehrfacher Hinsicht ein glatter Verstoß gegen die gültigen Menschenrechte und damit auch gegen das Grundgesetz, das sich zu den Menschenrechten bekennt. Vor allem den öffentlichen Stromversorgern wie den örtlichen und regionalen Stadtwerken oder auch den ehedem staatlichen Energiekonzernen stünde es gut an, die skandalösen und groben Verstöße gegen die verbrieften Menschenrechte in Zukunft gefälligst zu unterlassen, denn bei Energie und Wasser handelt es sich um öffentliche und lebensnotwendige Güter, die für jeden Menschen jederzeit zugänglich sein müssen. Ein Blick in die UN-Charta der Menschenrechte, in die allgemeine Erklärung der Menschenreche und die daraus abgeleiteten rechtsgültigen Menschenrechtsabkommen und -pakte sowie die aktuelle EU-Grundrechtecharta und unser Grundgesetz hilft da weiter.
Doch was schert dies einen Energiekonzern oder kommunalen Stadtwerke-Geschäftsführer? Erst am 10. Dezember haben wir wieder den jährlichen „Tag der Menschenrechte“ begangen, aber das berührt die Energieunternehmen und unseren „Sozialstaat“ nicht sonderlich? Es ist an der Zeit, dass Betroffene endlich einmal vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen! Denn die EU-Grundrechtecharta aus dem Jahr 2000 erklärt in Artikel 3 (1) unmissverständlich: „Jede Person hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit“. Wenn im kalten Winter mit der Stromsperre auch die Heizung, das Warmwasser und der Elektroherd nicht mehr in Betrieb sind, ist die körperliche Gesundheit nicht zuletzt auch für die in Sippenhaft genommenen Kleinkinder in den Privathaushalten gefährdet. Laut Artikel 24 (1) haben aber die Kinder Anspruch auf Schutz und Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. „Bei allen Kinder betreffende Maßnahmen und Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein“, laut Artikel 24 (2). „Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familien sowie der Gesundheitsschutz wird laut Artikel 33 und 35 gewährleistet. Doch was schert dies einen Energiekonzern oder kommunalen Stadtwerke-Geschäftsführer?
Um die soziale Ausgrenzung und die Armut zu bekämpfen, anerkennt und achtet die Union laut Art. 34 (3) „das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten“. Vor allem haben laut Artikel 24 (1) der EU-Charta die Kinder Anspruch auf Schutz und Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. „Bei allen Kinder betreffende Maßnahmen und Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein“, laut Artikel 24 (2). Auch den älteren Menschen, etwa den Armutsrentnern, die ihre Stromnachzahlung nicht bezahlen können, wird im Art. 25 ein würdiges und unabhängiges Leben garantiert. Niemand darf laut Artikel 12 willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie und seine Wohnung ausgesetzt werden. „Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der sein und seiner Familie Wohl gewährleistet.“ Schließlich enthält auch unser Grundgetz demgemäß den Art. 2, nämlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit, den besonderen Schutz der Familie (Art.6) sowie Unverletzlichkeit der Wohnung.
Laut Artikel 7 hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens und ihrer Wohnung; das bezieht sich nicht nur auf das unbefugte Betreten einer Wohnung, sondern auch auf den Eingriff von außen über die lebensnotendigen Versorgungsleitungen für die Wohnung und ihre Gebrauchsfähigkeit. Laut Artikel 21 sind auch Diskriminierungen wegen der sozialen Herkunft oder des Vermögens verboten, um die es sich im weitesten Sinne hierbei handelt. Man könnte noch den Verbraucherschutz (Artikel 38) und den garantierten Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse laut Artikel 36 u. a. m. zitieren. Schon die allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 verschafft mit Artikel 7 allen Menschen ohne Unterschied den gleichen Schutz durch das Gesetz.
Will man jedoch das Übel an der Wurzel packen, muss den sozial Schwachen an ganz andere Stelle geholfen werden, nämlich bei der Verwirklichung ihrer Menschenrechte schon bei der menschenwürdigen und auskömmlichen Entlohnung ihrer Arbeit oder mittels Sozialhilfe, ebenfalls ein ausdrückliches Gebot der Menschenrechte. Gäbe es eine solche, kämen die wenigsten „verschuldet“ in die Situation, ihre Stromrechnungen oder Nachzahlungen nicht pünktlich oder vollständig zahlen zu können - um die Gewinne der großen Energiekonzerne zu sichern? Nicht ohne Grund war in den ersten Jahrzehnten dieser Bundesrepublik die Energieversorgung vor der Privatisierungswelle in öffentlicher Hand, weil nur so die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten ist…