Nach dem positiven Medienecho zu ihrem jüngsten Bundesparteitag glaubt die SPD nach ihrer eigenen Selbstwahrnehmung wieder an ihre „Regierungsfähigkeit“. Warum bloß bemühen sich jedoch dann die Sozialdemokraten nach besten Kräften, nie wieder über max. 28% Wählerzustimmung hinauszukommen (was bei üblichen 50% Wahlbeteiligung gerade mal mickrigen 14 % Zustimmung entspricht)? Jedenfalls kam diese Botschaft des Parteitages beim Wahlvolk so an. Denn wer von den 50% abgekehrten Stammwählern und ausgetretenen Parteimitgliedern vielleicht noch an die Lernfähigkeit und Wählbarkeit der tief gesunkenen Sozialdemokraten geglaubt hatte, sah sich nach dem Parteitag bitter enttäuscht: Schon im Vorfeld und zu Beginn des inszenierten Parteitages appellierte der Altbundeskanzler (und lupenreine Putin-Freund und -geschäftspartner) Gerhard Schröder eindringlich, bloß keine Steuergerechtigkeit in Abkehr von seiner Agenda 2010 zu beschließen. Flankiert wurde er dabei von seinen getreuen Weggefährten Peer Steinbrück und Walter Steinmeier , die in das gleiche Horn stießen mit den Appellen an die Delegierten, bloß die Reichen nicht zu verprellen mit „überzogenen“ Steuererhöhungen und Korrekturen bei den Armutsrenten – denn weniger bei den verlorengegangenen Stammwählern aus der Arbeitnehmerschaft möchte man Zustimmung zurückgewinnen als erklärtermaßen in der politischen „Mitte“ und rechts davon bei der Klientel aus der Wirtschaft. Auch der geschmeidige Schröder-Zögling Dietmar Gabriel aus Niedersachsen - ebenso wie Steinbrück und Steinmeier als zurückliegender Wahlverlierer profiliert - drängte die Delegierten auf Mäßigung mit ihren Anträgen zur Wiederherstellung der sozialen Gerechtigkeit. Und sogar die Partei-„Linke“ Andreas Nahles verteidigte im Interview mit dem Medienhaus Bauer tapfer die Agenda- 2010 mitsamt Hartz IV von Gerhard Schröder im Grundsatz als richtig. Warum sollen die sozialen Verlierer als Wähler nun wieder ihre Hoffnungen in eine „rot-grüne Koalitionsregierung“ setzen? Und für wen strebt die SPD ihre Regierungsfähigkeit an? War doch die letzte rotgrüne Regierung diejenige, die den einst positiven „Reform“-Begriff zu einem Angstthema für Sozialabbau gemacht hat. Die Folgen genau dieser Politik hat die OECD ausgerechnet während des SPD-Bundesparteitages veröffentlicht: In keinem anderen Industrieland vergrößert sich die Schere zwischen Armen und Reichen infolge der Agenda 2010 so rasant wie in Deutschland mit seinem steigenden Anteil an prekären Arbeitsverhältnissen. Die halbherzigen Steuererhöhungsbeschlüsse des SPD-Parteitages können das nicht korrigieren. Aber das ist typisch SPD. In der Oppositionszeit wird Lernfähigkeit und „linke“, sprich soziale Politik verkündet, sobald aber ein Zipfelchen Teilhabe an der Regierungsmacht winkt, drängen wieder die selbsternannten Kanzlerkandidaten vom rechten Flügel an die Tröge der Macht. Folglich gab es auch keinerlei Kritik der Parteitagsdelegierten an der schamlosen Diätenerhöhung ihrer Landtagsabgeordneten in NRW um 500 € und zuvor der Bundestagsabgeordneten um 800 € monatlich, währen die Steuerreformen den Normalverdienern „Entlastungen“ zwischen 3 und 5 € erbringen und die Aufstockungen für Hartz-IV-Empfänger 5 €. Die SPD hat nicht wirklich etwas dazugelernt, sondern die Delegierten von der Basis für dumm verkauft und mit der Rede von Steinbrück-Förderer Helmut Schmidt „eingelullt“. Wäre ich nicht vor 8 Jahren nach 33-jähriger aktiver Zugehörigkeit zur SPD bereits ausgetreten, hätte ich spätestens diesen Schritt nach der verlogenen Parteitagsinszenierung in Berlin getan.