zum Kommentar von Hermann Böckmann zur Eröffnung des Palais Vest in der Sonderausgabe om 13. September 2014:
Seit über 3 Jahren beschert der Lokalredakteur der Recklinghäuser Zeitung, Hermann Böckmann, dem Investor des Einkaufscenters „Palais Vest“ wöchentlich kostenlose Werbung mit seinen begeisterten Berichten und Kommentaren für das Großprojekt in der historischen Altstadt. Die Marketingabteilung des Investors mfi AG kann sich so eifrige Mitstreiter nur wünschen, erspart es doch teure Werbeanzeigen. Erst jetzt, in einer 16-seitigen (!) Sonder-beilage in der Zeitung des Medienhauses Bauer zur Eröffnung des Konsumcenters, profitierte die Zeitung von gerade mal 2 ganzseitigen und einigen halbseitigen Werbeanzeigen des Investors und einiger Ladenketten.
Die sehr zahlreichen Kritiker des Großprojektes wurden in den Kommentaren des Lokalredakteurs nacheinander stets als „Reichbedenkenträger“, als „Nörgler“ oder“ Traumtänzer“ abgekanzelt. Deren Alternativen für eine kleinteilige Bebauung seien „nicht machbar“ und „illusionäre Träume“, schrieb er zuletzt, weil angeblich „finanziell nicht dar-stellbar“. Die Erklärung für seine kühne Behauptung bleibt er schuldig, warum in der gesamten übrigen Altstadt eine kleinteilige Nutzung finanziell tragfähig ist, nur nicht im restlichen Viertel auf dem alten Löhrhof-Gelände. Hier haben sich schlicht und einfach die überzogenen Profiterwartungen vervielfacht.
Auch bleibt der Redakteur, ebenso wie der Kämmerer und jetzige Bürgermeister, die Antwort bis heute schuldig, wohin die Steuern der auswärtigen Kettenläden fließen, und wem somit die vielbeschworene „Kauftkraftstärkung“ nutzt. Jedenfalls nicht dem städtischen Haushalt – im Gegenteil: was die Stadt in den Planungsjahren des „Palais Vest“ an unentgeltlichen Vorleistungen und Personaleinsätzen (zuletzt sogar Samstags) zugunsten des Großinvestors ausgegeben hat, davon können die alteingesessenen Händler an Zuwendung nur träumen. Die Stadt sollte ihre Kostenbeiträge für den Privatinvestor einmal genau beziffern!
Und wenn Hermann Böckmann schreibt, dass im Vergleich zum alten Löhrhof-Center das neue Shopping-Center der Kettenläden allemal eine Verbesserung darstellt, dann sei daran erinnert: Auch das misslungene und gescheiterte Löhrhof-Center wurde einst von der Lokal-zeitung und allen Parteien bei der Eröffnung als „Schokoladenseite der Stadt“ (RZ-Archiv) gepriesen… Offensichtlich kann sich auch der Redakteur die Funktion und Gestaltung der Innenstadt und ihre Belebung nur als bloßes Shopping- und Konsumcenter im Großformat, garniert mit Fast-Food-Gastronomie, vorstellen – weil, wie er schreibt, von der Jugend an-geblich so gewünscht?
Unsere „Armutsregion“ und unsere überalterte Stadt mit der höchsten Arbeitslosigkeit im Kreisgebiet von fast 13 Prozent, ca. 15.000 Hartz-IV-Empfängern sowie tausenden überschuldeten Haushalten und demnächst einer Vielzahl von Armutsrentnern, wird als schrumpfende Stadt auf längere Sicht niemals die Kaufkraft nachhaltig aufbringen, die so eine glitzernde Konsumburg lebensfähig hält, wenn der Anfangs-Ansturm der Neugierigen sich gelegt hat. Dieses Thema steht überhaupt nicht auf der Tagesordnung der alten und neuen „Jamaika-Koalition“ im Rathaus.
Eines haben sich jedoch der wackere Werbeträger in der Redaktion sowie mit ihm die Wirtschaftsförderer im Rathaus zur Eröffnung des „Palais Vest“ verdient: Die mfi AG sollte ihnen zumindest einige Einkaufsgutscheine, wenn nicht ein angemessenes Honorar zukommen lassen, das wäre das Mindeste an Gewinnbeteiligung - oder?