Die eigentliche Ursache für die maßlose Selbstbedienungs-Mentalität unserer „Volksvertreter“ in den Parlamenten liegt in ihrem abwegigen Selbstverständnis, mit dem sie sich von ihrem Verfassungsauftrag entfernen:
1. Abgeordnete sind keine „leitenden Angestellten“ oder „Führungskräfte“ (Prof. Alemann bei der Anhörung im Düsseldorfer Landtag), sondern Volksvertreter in einer dienenden Funktion für das Gemeinwohl. Sie können sich in dieser Delegierten-Rolle in keiner Weise mit Führungskräften in Verwaltungen oder Betrieben mit tausenden Mitarbeitern vergleichen.
2. Ihre einzige Aufgabe ist es, durch gutes Zuhören den Willen sowie das Gerechtigkeits- und Rechtsempfinden ihrer Wähler in die parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren einfließen zu lassen als „Stimme des Volkes“, nicht mehr und nicht weniger. Sie haben uns deshalb nicht zu „führen“, sondern uns zu folgen. Sie sind Gewählte und nicht Auserwählte.
3. Abgeordneter ist kein „Beruf“, sondern lediglich ein Mandat auf Zeit, für das die Volksvertreter von ihrem eigentlichen Beruf zeitweilig freigestellt werden; dafür erhalten sie als Einkommensersatz zum Ausgleich Diäten plus Aufwandsentschädigungen und kein „Gehalt“ als sogenannte „Berufspolitiker“ .
4. Abgeordnete sollten deshalb – ähnlich wie die Personal- und Betriebsräte – während der Mandatsausübung ihre Lohnfortzahlung im vorher ausgeübten Beruf erhalten mit anschließendem Rückkehrrecht (plus spitz abzurechnende statt großzügig pauschalierte Aufwandsentschädigungen), um tatsächlich die vertretenen Berufsgruppen in einer repräsentativen parlamentarischen Demokratie abzubilden. Wenn sie sich finanziell deutlich besser stellen wollen als die Wähler, dann entscheiden stets lauter Nichtbetroffene über Betroffene und wir haben alsbald ein Parlament der Millionäre, wie in Amerika.
5. Wenn Abgeordnete für sich in Anspruch nehmen, dass ihre Diäten jährlich automatisch der Inflations- oder Preissteigerungsrate angepasst werden, so sollten sie das Gleich allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugestehen, beginnend bei der bevorstehenden Tarifrunde für die Kommunalbeschäftigten im öffentlichen Dienst, deren Lohnerhöhungen seit 20 Jahren hinter der Teuerungsrate und den Lebenshaltungskosten zurückbleiben. Die Diätenerhöhungen sollten sich deshalb stets an den durchschnittlichen prozentualen Lohnerhöhungen der Arbeitnehmerschaft orientieren und die Altersversorgung an den Entwicklungen der Renten.
6. Solange die Medien den Abgeordneten einreden, sie seien im (unpassenden) Vergleich zu Managern der freien Wirtschaft „unterbezahlt“, so dass der Abgeordneten-„Beruf“ unattraktiv werde, verschleiern sie die Wirklichkeit: Keine Partei muss lange um Kandidaten werben, weil sie sich in Wirklichkeit innerparteilich um die lukrativen Posten rangeln, denn ein Mandat gleicht einem Lottogewinn.
Bestes Beispiel aus der Region: Der sehr junge heimische Bundestagsabgeordnete im Direkt-wahlkreis Recklinghausen/Castrop-Rauxel hat lediglich ein abgebrochenes Studium als einzige Berufsausbildung vorzuweisen, verlangte aber nach seiner Nominierung sogleich in einem Presseinterview eine Abgeordnetenbezahlung in Anlehnung an höchste Bundesrichter (d. h. er verglich sich mit Einser-Juristen mit 2. Staatsexamen und jahrzehntelanger Berufspraxis mit Bestbeurteilung) – dabei stünde ihm nur BaföG plus Aufwandsentschädigung zu….