Der DGB Emscher-Lippe streitet sich mit dem Kreis Recklinghausen über den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern. DGB-Chef Hülsdünker beklagt Konzeptionslosigkeit und mangelnde Einbindung von Arbeitsnehmervertretern
RECKLINGHAUSEN taz ■ Ein-Euro-Jobs sorgen im Kreis Recklinghausen für Wirbel. Der DGB-Emscher-Lippe und Personalräte werfen der Arbeitsgemeinschaft zwischen dem Kreis Recklinghausen und der Arbeitsagentur (ARGE) Politik nach Gutsherrenart und die Gefährdung regulärer Jobs vor.
Insbesondere der ARGE-Plan, mit mehreren hundert Ein-Euro-JobberInnen städtische Sportanlagen zu sanieren, trifft auf gewerkschaftlichen Widerstand. „Solche großräumigen Programme machen Arbeit billig wie Dreck“, sagt DGB-Emscher-Lippe-Chef Josef Hülsdünker. Bau- und Gartenbaubetrieben würden langfristig städtische Aufträge verlieren. Das Handwerk berichte bereits über stornierte Aufträge im Reinigungsgewerbe, weiß der Gewerkschafter. „Soziale und karitative Arbeitgeber rechnen mit Ein-Euro-Kräften, die die Gebäude- und Fensterreinigung für ‚kleines Geld‘ erledigen.“
Um solche Mitnahmeeffekte und die Verdrängung regulärer Arbeitsplätze durch Billigjobs zu verhindern, hatte der DGB einen Fachbeirat aus Arbeitgebern und Gewerkschaften vorgeschlagen. Es gehe vor allem um die Frage, was ist zusätzliche und was reguläre Arbeit, erläutert DGB-Chef Hülsdünker. „Der Beirat hat noch kein einziges Mal getagt, da prescht die ARGE mit ihren Plänen zur Sportplatzsanierung vor“, empört sich Wilhelm Neurohr, Personalratsvorsitzender des Kreises Recklinghausen und Mitglied der Trägerversammlung der ARGE. Ihn ärgert, dass die ARGE auch bei anderen Punkten bereits Fakten geschaffen habe. So erhielten Jugendliche statt Bargeld Gutscheine, die den Erwerb von Alkohol ausschließen sollen. „Im Einzelfall sicher richtig, aber als generelle Regelung abzulehnen“, so Neurohr.
Inzwischen ist die ARGE bei der Sanierung der Sportplätze wohl auf Grund des gewerkschaftlichen Drucks wieder zurückgerudert. „Es wäre fatal, wenn diese Maßnahmen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichten würden, weil sie Lohndumping darstellen“, heißt es nun in einer Stellungnahme von Hartmut Hauschildt, Arbeitsagenturchef in Recklinghausen. Andererseits kämen intakte Sportanlagen den Sporttreibenden zugute, was gemeinnützig sei. Und anlässlich der Fußball-WM 2006 stünde es der Emscher-Lippe Region doch gut zu Gesicht, wenn sanierte Sportanlagen präsentiert würden. Das von ihm vorgeschlagene Konzept werde in Duisburg „bereits positiv umgesetzt.“ Die Kritik des DGB weist Hauschildt deshalb als unberechtigt zurück. Aber: „Sie schärft den Blick auf das Problem: Wie gestalte ich Zusatzjobs mit Pluslohn?“
Genau bei dieser Frage sieht DGB-Chef Hülsdünker noch Defizite. Obwohl die ARGE im Kreis Recklinghausen in ihrer Startphase sogar Modellprojekt sei, mangele es an Betreuung und Qualifizierung für die Ein-Euro-Jobber. „Hilft es einem gut ausgebildeten Ingenieur, wenn er in der Altenpflege als Hilfsarbeiter tätig ist, oder entwertet es nicht eher seine Ausbildung, die viel Geld gekostet hat?“, fragt Hülsdünker. Fördern und fordern heiße es im Gesetz. Doch bislang mache die ARGE ihren Job nur halb.
In Dortmund überprüfe der DGB gemeinsam mit der ARGE in einer Studie, ob die Menschen mithilfe der angebotenen Ein-Euro-Jobs ihre Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt verbessern können. Die ARGE in Recklinghausen hingegen verweigere ihre Mitarbeit an einer solchen Studie. „Ich habe den Eindruck, hier sollen möglichst hohe Fallzahlen produziert werden, ohne nach nachhaltigen Effekten zu fragen“, so Hülsdünker. MANFRED WIECZOREK