Wilhelm Neurohr

Vortrag am 24. 09. 2005 in Nürnberg
Auf der Michaeli-Tagung der Anthroposophischen Gesellschaft
Im Rudolf-Steiner-Haus

  • Mit der Einladung zu dieser Tagung: Bitte von Wolfgang Ritter und Angelika Schaaf, über eigene praktische Erfahrungen und Aktivitäten zu berichten
  • Über meine Mitwirkung in sozialen Initiativen und Projekten.
  • Was mir dabei wesentlich ist, welche Anregungen ich Ihnen geben kann – bis hin zur Frage: Wie ich persönlich von der Erkenntnis zur Tat kam?
  • Letzteres wird anderen nicht unbedingt weiterhelfen, weil jeder hierzu seinen individuellen Weg finden muss.
  • Gar nicht so gerne mich selber in den Mittelpunkt der Betrachtungen stellen, sondern anhand der Initiativen und ihrer Träger die Dreigliederung als Weg und nicht nur als Ziel darstellen.
  • In dem hoffentlich nicht zu theoretischen Vortrag heute Mittag der Versuch, darzulegen, dass man sich die sozialen Herausforderungen nicht unbedingt vorsätzlich aussucht.
  • Vielmehr kommen die sozialen Aufgaben und Betätigungsgfelder meist auf einen zu, durch innere Impulse oder von außen.
  • Als Einzelner in der Gemeinschaft steckt man immer und überall mitten drin in den sozialen Arbeits- und Handlungsfeldern –
  • - und das während der gesamten Biografie, (in meinem Falle vom 15. bis zum 55. Lebensjahr)
  • und zwar in lokalen, regionalen, nationalen und globalen Zusammenhängen,
  • also auf der Mikro-, Meso- und Makro-Ebene, wie es die Sozialwissenschaftler bezeichnen würden.
  • Soziales Leben spielt sich ab in der Familie, im Beruf, in der Freizeit, in der Schule, in kulturellen und zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen, in all den verschiedenen Lebensbereichen und Lebensabschnitten - bis hinein in die politischen und wirtschaftlichen Gemeinschaften.
  • Innerhalb und außerhalb der anthroposophischen Bewegung. Wo fängt soziale Dreigliederung an und wo hört sie auf?
  • Sie ist ja überall im sozialen Geschehen und menschlichen Zusammenleben veranlagt und will überall zur Verwirklichung gelangen durch jeden Menschen. Überall wo Dreigliederung fehlt. werden die Verhältnisse chaotisch und Menschen krank im sozialen Leben.
  • Dreigliederung ist somit lebensbegleitend als Teil der Gesamtentwicklung und –betätigung des mündigen Individuums zugunsten der Gemeinschaft.
  • Darüber will ich in aller Kürze berichten, wenn Sie wollen, auch exemplarisch am Beispiel meiner Person und meiner Beträtigungsfelder.
  • Wie viele junge Menschen habe auch ich, lange bevor ich die Anthroposophie und Dreigliederung überhaupt kennen lernte, in jungen Jahren aus innerem Impuls die Appelle ernst genommen, sich im gesellschaftlichen und staatsbürgerlichen Bereich politisch zu engagieren und mitzugestalten - herauszukommen aus der Zuschauerrolle.
  • Immer war da irgendwie die Selbstermächtigung zum eigenen Handeln, weil man überall irgendwo gefordert wurde.
  • Es war kein einzelner Beschluss zum Handeln, sondern ein stetiges Hineinwachsen in die soziale Umwelt:
  • Während der Schulzeit in der Schülermitverwaltung und als Klassensprecher,
  • nebenher in der kirchlichen Jugendarbeit und in der Nachbarschaftshilfe, hier auch Berührung mit spirituellen und meditativen Fragen und Erkebnissen,
  • innerhalb der Familie in einer sehr schwierigen Situation, in meiner Kindheit mit ständigen sozialen Nöten und Engpässen sowie Konflikten, - das Budget für die 5-köpfige Familie und der lebensstandard lagen weit unterhalb von Hartz IV, auch die Wohnung von 35 qm für 5 Personen war beengt;
  • später während des Studiums in den studentischen Hochschulgremien,
  • dann beim Jobben in den Semesterferien, wo ich im Wirtschaftsleben die 10-stündige Fließbandarbeit kennengelernt hatte in Europas größter Fleisch- und Wurstwarenfabrik,
  • - die gehörte übrigens dem Herrn Schweisfurth, der später Aussteiger wurde, eine Stiftung gründete und heute biologische Landwirtschaft in Süddeutschland unter mit Verweis auf Rudolf Steiner betreibt… und alternative Reformideen im Geldwesen usw. fördert.
  • aber ich lernte auch die schwierige Situation von Selbständigen und Freischaffenden kennen z.B. in einem Architekturbüro,
  • zuvor vom 13. bis 19. Lebensjahr die Ausbildung und Arbeit in einem Bergwerk und die ersten Berufsjahre mit Betriebspraxis in der Verwaltung und Direktionsetage des Bergwerkes mit 7000 Beschäftigten – ich erlebte auch Bergarbeiterstreiks und Zechenstilllegungen mit Existenzsorgen,
  • frühmorgens auf dem Weg zur Berufsschule mit der Straßenbahn quer durchs Ruhrgebiet saß ich mit den Hütten- und Stahlarbeitern, mit den müden Schichtarbeitern und Bergleuten zusammen,
  • in der Arbeitswelt 1000 m unter der Erdoberfläche lernte ich das unbedingte Aufeinander-angewiesen-Sein in einem Arbeitsteam (sozusagen auf Tod oder Leben) kennen,
  • schon vom 16. Lebensjahr an war ich in demokratischen Parteien und Gewerkschaften engagiert, die mir ein Stipendium für den 2. Bildungsweg ermöglichten,
  • ich erlebte dort innerparteiliche Machtsrukturen und Grenzen innerparteilicher Demokratie kennen sowie ideologische Denkweisen sowie Gruppenzwänge (zu Zeiten Willy Brandts in der SPD, als Mitbegründer der Grünen (mit Beuys) und WASG-Vorläufer,
  • des weiteren in der Kommunalpolitik und in Bürgerinitiativen und -foren, bei denen es vor allem um die Partizipation der Menschen an Entscheidungsprozessen ging,
  • gegen Bevormundung und für Mündigkeit und demokratische Beteiligung, für kulturelle Belange, für den pfleglichen Umgang mit Natur und Umwelt, in Dritte-Welt-Gruppen für die Menschen in den armen Ländern,
  • Während meiner 31 Berufsjahre im öffentlichen Dienst als Stadtplaner, Regionaplaner und Landschaftsplaner im Amt für Planung und Umweltschutz galt es, in den öffentlichen Planungsprozessen vielfältige Interessen und Konflikte auszugleichen, Organisationsstrukturen mitzugestalten, als Abteilungsleiter auch Mitarbeiter zuführen und zu beurteilen, Teamarbeit zu gestalten usw.
  • Zugleich habe ich mich in der betrieblichen Personalvertretung als Betriebsrat engagiert, im öff. Dienst heißt das Personalrat.
  • Dort bin ich seit 11 Jahren in einer großen Kreisverwaltung mit 1500 Beschäftigten Personalratsvorsitzender.
  • Wer sich mit der Historie der sozialen Dreigliederungsbewegung näher beschäftigt hat, der weiß ja, dass Rudolf Steiner die damalige Betriebsrätebewegung für sehr wichtig hielt:
  • Er hatte ja den Betriebsräten eine ganz andere, viele weitreichendere Rolle zugedacht in einem selbstverwalteten Wirtschaftsleben und für das Geistesleben eines Betriebes - als es heute in den Unternehmens- und Wirtschaftszusammenhängen der Fall ist.
  • Also echte Mitentscheidung und Mitverantwortung der gewählten Arbeitnehmervertreter als nur soziales Feigenblatt, wie heutzutage, wo man die betriebliche Mitbestimmung am liebsten ganz abschaffen würde.
  • Über die Mitbestimmungspraxis und die spannenden sozialen Prozesse in einem Verwaltungsbetrieb und Dienstleistungsbetrieb für die Mitarbeiterschaft und die Bürgerschaft könnte ich allerlei berichten.
  • Was da in 60 Ämtern mit 60 Abteilungen und Menschen aus über 100 Berufen an sozialen Strukturen und Abläufen intern und extern zu gestalten ist für fast 700.000 Bürger, ist ja das tägliche Bewegen in einem sozialen Organismus – im Wechsel zwischen kommunaler und staatlicher Seite und zivilgesellschaftlicher Seite,
  • Darüber halte ich auch Seminare für Betriebs- und Personalräte ab.
  • Ohne diese täglichen sozialen und zwischenmenschlichen Übungsfelder in einem betrieblichen sozialen Organismus wäre mir ein Engagement für die soziale Dreigliederung viel schwerer.
  • Von der Leitbildarbeit über Organisations- und Personalentwicklung bis hin zum Konfliktmanagement und zur Verwaltungsreform bleibt keine soziale Herausforderung aus. Hinzu kommt der Umgang mit Hierarchien und der Abbau von Hierarchien usw.
  • Es kam in den letzten Jahren dann noch das Engagement hinzu für die heute Mittag erwähnte lokale Agenda 21, also die Nachhaltigkeitsbewegung, im ehrenamtlichen lokalen Bereich wie auch beruflich als Agenda-Beauftragter der Kreisverwaltung Recklinghausen für das nördliche Ruhrgebiet und in den zivilgesellschaftlichen Netzwerken, den runden Tischen oder in gemeinnützigen Vereinen – zugleich Agenda-Beauftragter der Gewerkschaften auf Regional- und Landesebene.
  • Projekte über regionale Wirtschaftskreisläufe mit Agenda-Märkten, Regionalgeld-Einführung, Zusammenarbeit mit Verbraucherorganisationen und tauschringen, mit Dritte-Welt-Gruppen und Menschenrechtsorganisationen usw.
  • Mittlerweile gibt es ja auch viele Agenda-Schulen, die mit nachhaltigen Projekten ihren Beitrag leisten zum globalen Denken, aber lokalen Handeln schon bei den jungen Menschen. Diese begleite ich bei ihrer Arbeit.
  • Die zwischenmenschlichen Prozesse der Zusammenarbeit und Vernetzung sowie der Erkenntnis- und Bewußtseinswandel sind dabei wesentlich.
  • Aber auch Betätigung in weiteren Zusammenhängen des ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements, weil ja in Zeiten der Globalisierung die lokalen und regionalen Gemeinschaften eine immer bedeutendere Rolle übernehmen für ein soziales Gemeinwesen.
  • Es ist ja allenthalben die Zivilgesellschaft, die stets die Keime für Veränderungen gelegt hat – denken wir an die frauen- und Friedensbewegung, die Umwelt- und Menschenrechtsbewegungen, die soziale Bewegung usw.
  • In meinem Lebensverlauf kam ich damals ab dem 33. Lebensjahr über meine Kinder zur Begegnung mit der Anthroposophie
  • - mit dem Einstieg bei der Gründung eines selbstverwalteten Waldorfkindergartens in der Elterninitiative,
  • später in der Selbstverwaltung und Elternarbeit an der Waldorfschule und als involvierter Ehemann einer Waldorflehrerin, -
  • das soziale Innenleben einer Schule ist manchmal alles andere als dreigliederungsgemäß, obwohl die Waldorfschulbewegung ja ein Ergebnis, ein Projekt oder ein Kind der historischen Dreigliederunsbewegung von 1919 ist.
  • Auf diesem Wege sowie über die Zweige und Lesekreise der anthroposophischen Gesellschaft schließlich Vertiefung in die Fragen der sozialen Dreigliederung.
  • Wesentlich erscheint mir das bewusste Darinstehen in den verschiedenen Bereichen der Selbstverwaltung,
  • im politischen Leben, in der kommunalen und bürgerschaftlichen Selbstverwaltung, in wirtschaftlichen und betrieblichen Zusammenhängen, auch als Konsument oder Verbraucher, sowie in kulturellen und zivilgesellschaftlichen Betätigungen.
  • Was also zunächst aus jugendlichem Idealismus und Tatendrang begann, zur Weltverbesserung und Weltveränderung, anfangs noch ideologisch durchsetzt, wandelte sich immer mehr in praxistaugliche Ideale.
  • Für mich wurde im Laufe der Zeit immer deutlicher, dass Dreigliederungsarbeit mehr ist als bloße Projektarbeit anhand von Einzel- oder Modellprojekten – so enorm wichtig diese auch sind, davon gibt es viel zu wenige – sondern als lebenslänglicher Entwicklungsweg und sozialer Reifeprozess der Beteiligten.
  • Die Kenntnis und das Studium der sozialen Dreigliederungsliteratur erweist sich dabei als hilfreicher Kompass zur Orientierung und zur Anregung der sozialen Phantasie.
  • So haben wir schließlich Ende der achtziger Jahre mit Mitstreiten aus dem gesamten Ruhrgebiet - zumindest aus mehreren Ruhrgebietsstädten – einen Arbeitskreis soziale Dreigliederung gegründet,der später in einen Verein umgewandelt wurde.
  • Wir haben 10 Jahre lang mit 12 bis 20 Mitstreitern versucht, vor allem Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der sozialen Dreigliederung zu betreiben, Veranstaltungen und Seminare durchzuführen und vorhandene Einrichtungen und Projekte im Ruhrgebiet zu vernetzen.
  • Wir betrieben intensive eigene Lese- und Studienarbeit zur sozialen Dreigliederung.
  • Auch haben wir versucht, die vielen vorhandenen Dreigliederungseinrichtungen im Ruhrgebiet, von der GLS-Gemeinschaftsbank und das Anthroposophische Bildungswerk oder die freie Universität über Dutzende Waldorfschulen bis hin zu den biologisch-dynamischen Landwirtschaftsbetrieben am Rande des Ruhrgebietes bekannt zu machen.
  • Beim Wiederaufbau eines biologisch-dynamischen Landwirtschaftsbetriebes, dem Trantenrother Hof im Ruhrgebiet, haben wir uns aktiv und tatkräftig eingebracht, auch mit dem Versuch, Ansätze eines assoziatives Wirtschaftens zu unterstützen.
  • Wir haben eigene Publikationen erstellt, mit dem Rundfunk zusammengearbeitet und auf interessante Veranstaltungen anderer Träger aufmerksam gemacht; Kontakte mit der übrigen Zivilgesellschaft gesucht usw.
  • Mit namhaften Landes- Bundespolitikern haben wir gut besuchte Podiumsdiskussionen zu aktuellen Zeitfragen und Zukunftsfragen durchgeführt - auf einer öffentlichen Veranstaltung waren über 150 Teilnehmer zu verzeichnen.
  • Wir haben uns überregional am Netzwerk Soziale Dreigliederung beteiligt usw.
  • Selber hatte ich Kontakte zu dem verstorbenen Dreigliederer Peter Schilinski, ein legendärer und eigenwilliger Pionier der Bewegung, und zu seinem selbst verwalteten Treffpunkt Eulenspiegel im Wasserburg am Bodensee, wo er junge leute in die dDreigliederung einführte.
  • Gelegentlich schrieb ich für sein Publikationsorgan „jedermensch“ und besuchte ihn vor Ort, nachdem, er per bundesweiter Anzeigenkampagne Mitsreiter für die Dreigliederungsarbeit suchte – ich war der einzige, der sich überhaupt daraufhin gemeldet hatte (bisher dahin kannten wir uns noch gar nicht) und er sagte zu mir, schon ans Krankenbett gefesselt kurz vor seinem Tod: „Ich wusste, dass du kommst“.
  • Kur darauf bekam ich Hausverbot in seiner Einrichtung „Eulenspiegel“: Warum? Ich hatte es gewagt, einen zustimmenden Beitrag zu schreiben zu einem großen Dreigliederungskongress mit Rolf Henrich nach der Mauer-Öffnung 1989, an der auch der Vorsitzende der anthroposophischen Gesellschaft und der sozialwissenschaftlichen Sektion sich beteiligte.
  • Das war Peter Schilinski, dem Alt-68-er von Sylt, ein Dorn im Auge, weil er den Dornachern gram war, dass sie über all die Jahrzehente sich nicht um die soziale Dreigliederung bemüht und gekümmert hätten und vor allem die wenigen Dreigliederer nicht ernst genommen und nicht unterstützt hätten. (Diese Anekdote nur am Rande)
  • Zurück zum Ruhrgebiets-Arbeitskreis für soziale Dreigliederung: Was die praktische Projektarbeit anging, haben wir uns allerdings jahrelang schwer getan, ins Handeln zu kommen, und uns sehr viel mit uns selber beschäftigt als soziale Gruppe.
  • Doch was nützen die besten Ideen und Theorien, wenn wir den Menschen nicht die Praxistauglichkeit an funktionierenden Beispielen und Projekten vorführen können – und wenn wir nicht selber authentisch und vorbildhaft sind durch unser eigenes Sozialverhalten und unsere Gemeinschaftsfähigkeit.
  • Die berühmten 12 Drachen, wie sie der holländische Dreigliederer Roman Boos glaube ich beschrieben hat - vom Spaltpilz und der Besserwisserei bis zum Theoretisieren - die da immer in die Gruppenarbeit zerstörerisch eindringen, um sie zu neuer Sozialität zu befähigen, haben uns zum Kampf herausgefordert - d.h. vor allem zur Beschäftigung mit sich selber.
  • Die Persönlichkeiten und Individualitäten und deren verschiedene Intentionen waren zu sehr unterschiedlich; die Fluktuation in der Gruppe war sehr groß – es mangelte der Zusammenhalt an einer gemeinsamen, überpersönlichen Sacharbeit,
  • und so hatten wir ein dauerhaftes Lern- und Übungsfeld im sozialen Umgang miteinander und in sozialen Gruppenprozessen. Hier konnten wir wichtige soziale Erfahrungen sammeln.
  • Richtig produktiv wurde eigentümlicherweise unsere Arbeit erst, als aus beruflichen und privaten Gründen der Einzelnen die Gruppe nach 10 Jahren auseinander ging und den gegründeten Verein deshalb auflöste.
  • Jeder Einzelne hat dann an seinem neuen Wirkungsort zum praktischen Handeln im Sinne der sozialen Dreigliederung gefunden,
  • die einen auf einem landwirtschaftlichen Hoforganismus oder in sozialkünstlerischen Aktionen,
  • die anderen mit einem anthroposophischen Kulturnetzwerk Verknüpfung mit nichtanthroposophischen Einrichtungen quer durch das Ruhrgebiet
  • wieder andere in der Initiative für direkte Demokratie oder in den Initiativen zur Einführung von Regionalgeld als Komplementärwährung oder in der Mitarbeit in Tauschringen zum Dienstleistungstausch,
  • in anderen gemeinnützigen oder bürgerschaftlichen Projekten für das Gemeinwesen, auch gegen die Kommerzialisierung öffentlicher und gemeinnütziger Dienstleistrungen;
  • andere in der Gründung von regionalen Sozialforen und der Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Arbeit des weltweiten attac-Netzwerkes,
  • oder auch in Arbeitsloseninitiativen für das Ziel des Grundeinkommens, der Trennung von Arbeit und Einkommen, für neue Arbeitsmodelle (selber verfasste ich 13 Thesen zur Überwindung der Arbeitslosigkeit)
  • einige betätigten sich bei der Lokalen Agenda 21 oder in Dritte-Welt-Projekten, andere in der Bewegung für eine neue EU-Verfasssung von unten mit einer europäischen Leitbilddiskussion, an der ich mich auch vor Ort in Frankreich und darüber hinaus mit 7 Thesen beteiligte;
  • einzelne beteiligten sich am Aufbau konkreter sozialer Dreigliederungsprojekte wie die Projekte der Bochumer Brücke, der Recklinghäuser Feuerwache für nachhaltige und ethische Dienstleistungen - vor dem Hintergrund des GATS-Abkommens und der EU-Dienstleistungsrichtlinie, mit denen ja das Verständnis für zwischenmenschliche Dienstleistungen verlorengegangen ist;
  • oder andere tätigten dem Aufbau des Dreigliederungsprojektes der Avenir-Ananans-Farm in Togo im fernen Westafrika.
  • Auf die letzten drei Projekte geh ich im Gespräch gern noch näher ein.
  • Ganz aktuell lief Ende August noch eine Aktion „Mut machen“ im Ruhrgebiet, d.h. Menschen aus der gesamten Region Ruhrgebiet und darüber hinaus aus ganz Deutschland stellten soziale Projekte vor, die zeigen, dass jeder etwas zur Veränderung der Gesellschaft beitragen kann.
  • Die Beiträge reichten vom ehrenamtlichen Freiwilligennetzwerk, dem Runden Risch Weiterbildung und dem Haus der Begegnung sowie der Initiative für neue Wohnformen für jung und alt,
  • über die ethisch-ökologischen Projekte der GLS-Gemeinschaftsbank und die Arbeit von Bürgerstiftungen bis zum Büro der Selbsthilfegruppen und dem Bus für direkte Demokratie.
  • Ein breites Spektrum von Eigeninitiativen, Selbstverwaltunsprojekten und innovativen gesellschaftlichen Erneuerungsprojekten aus der aktiven Zivilgesellschaft.
  • Die Gefahr des Scheiterns sollte dabei niemals von einer guten Idee und Initiative abhalten, wie die beiden Agenda-Projekte der Bchumer Brücke und er Recklinghäuser Feuerwache zeigen – die ja am Ende leider beide nicht zur Realisierung gekommen sind wegen der äußeren Widerstände aus Politik und Wirtschaft.
  • Mein früherer Chef sagte zwar immer: „Guter Wille ist kein Ersatz für Erfolg.“ Ich habe den Spruch umgedreht: Erfolg ist kein Ersatz für guten Willen“
  • Es kommt ja auf die michaelischen Willenskräfte an, die geistiger Natur sind und weit in die Zukunft reichen.
  • Ganz starke Willenskräfte braucht man auch, wenn man den schwierigen Versuch unternimmt, unmittelbar vor Ort in den sozialen und politischen Notstandsgebieten z.B. in Westafrika ein Dreigliederungsprojekt mühselig aufzubauen.
  • Hier bewundere und unterstütze ich meine Frau, die sich in erster Linie für dieses Projekt geradezu aufopfert, bis hin ,dass sie in diesem Jahr mitten in die blutigen Unruhen nach dem Militärputsch und den manipulierten Wahlen in der togolesischen Hauptstadt Lomé hineingeraten war.
  • Sie wollte eigentlich zusammen mit unsere togolesischen Projektleiter Dodj1 Kpaleté hier nach Nürnberg mitkommen und selber berichten, aber beide hatten noch mit dem Abschluss der Afrika-Kulturtage in Recklinghause zu tun - und Herr Kpaleté war gerade erst von einem Treffen aus Dornach zurück mit Nikolai Fuchs von der landwirtschaftlichen Sektion.
  • Es handelt sich ja nach dem großen Vorbild er ägyptischen Sekem-Farm um ein biologisch-dynamisches Landwirtschaftsprojekt unter tropischen Bedingungen in Verknüpfung mit soziokulturellen Projekten, hier um eine Ananas-Kulturfarm mit Arbeitsmöglichkeiten für die Bevölkerung der 4 umliegenden Dörfer im Südwesten von Togo.
  • Aus deren Verkaufs- und Exporterlösen sollen die sozialen und kulturellen Einrichtungen finanziert werden - wie Kindergarten, Schule, Erwachsenenbildung und Berufsausbildung in landwirtschaftlichen, handwerklichen , sozialen und technischen Berufen,
  • Gesundheitsstation sowie Kulturhaus als zivilgesellschaftlicher Treffpunkt sollen folgen. Es gibt bereits ein eifrig mitarbeitendes Dorfkomitee und das Netzwerk der Frauenbewegungen und Gewerkschaften von Togo, die sich hier treffen.
  • Den Landwirtschaftsbetrieb mit Obstplantagen, Gemüsegarten und Tierzucht gibt es bereits, das Wohnhaus und der Kindergarten für zunächst 48 Kinder mit Elementen der Waldorfpädagogik sind fertig und in Betrieb, Fachpersonal ist ausgebildet, Vorbereitungen für ein assoziatives Wirtschaften und eine Kooperation mit den anderen biologischen Betrieben in Togo sind im Aufbau,
  • Überlegungen zur Einführung von Regionalgeld in der Vorbereitung und Pläne für as Kulturhaus auf dem Papier, die Bibliotheksbestände sind bereits vorhanden, weitere Grundstückskäufe für eine Erweiterung der Farm von 7 auf 10 ha getätigt u.v.m.
  • Alles geschieht unter Mitwirkung und in engem Kontakt mit den Dorfbewohnern als Hilfe zur Selbsthilfe, also nicht von außen übergestülpt.
  • Selber war ich im vorletzten Jahr mit einer Delegation vor Ort - und zu einem Vortrag über Afrika in Zeiten der Globalisierung in der Hauptstadt Lomé im Vorfeld der Gründung von attac Togo. Hinterher erfuhren wir von der deutschen Boschaft in Togo, in welcher Gefahr ich in der Diktatur mit meinem kritischen Vortrag gestanden habe.
  • Jedenfalls sei die Botschaft die ganze Nacht in Bereitschaft gewesen, um bei einer etwaigen Verhaftung oder Verschleppung diplomatisch einzugreifen, denn so mancher sei schon unauffällig in der Lagune oder im Meer versenkt worden.
  • Soziale Dreigliederung greift nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa und der übrigen Welt in bestehende Strukturen systemverändernd ein, sofern sich die Menschen mit verändern.
  • Sie fordert täglich öffentliches Auftreten wider den neoliberaln Zeitgeist und gegen Lüge und Unwahrhaftigkeit im politischen und gesellschaftlichen Leben – und gegen Ängstlichkeit in eigenen Reihen.
  • Soziale Dreigliederung ist ohne michaelischen Mut ns eiserne Durchhaltekraft nicht möglich, so wie insgesamt das Ziel der Nachhaltigkeit einen langem Atem erfordert und ein Bohren von dicken Brettern.
  • Und je größer die kleinen Teilerfolge, umso stärker die Widerstände durch die Gegenmächte und Gegenkräfte. Doch an den Widerständen wächst diejenige Willenskraft, die nötig ist, um gegen den Strom zu schwimmen.
  • Das ist unsere gemeinsame Herausforderung, die in Zusammenarbeit mit allen Kräften in der Zivilgesellschaft zum Erfolg führen kann. Legen wir also noch viele keime für eine andere Lebens- und Wirtschaftsweise, damit wir irgendwann die Früchte ernten können.