Wilhelm Neurohr

Was war denn das für ein seltsamer Leitartikel und „Aufmacher“ am 15. Januar auf der Titel-Seite der Zeitungen des Medienhauses Bauer? Ein Bernhard Funk von der Deutschen Presseagentur (dpa) preist in einem unseriösen Mix aus Bericht und Kommentar den Kauf von Aktien als Ausweg aus dem dramatischen Geldverlust für die Sparer an. Er beruft sich auf Empfehlungen eines Fondsmanagers namens Thilo Müller. Im Übrigen weiß er zu berichten, dass sich Dax und Euro angeblich prächtig erholen und sich bei internationalen Investoren größter Beliebtheit erfreuen. Und Günter Wolf kommentiert auch noch diesen Leitartikel, indem er am Schluss den Sparern ebenfalls zu Aktienkäufen rät, weil an den Börsen Gewinne gemacht werden. Er lobt den ehemaligen Manager der amerikanischen Skandalbank Goldman-Sachs, den jetzigen EZB-Präsidenten Mario Draghi dafür, dass er mit öffentlichen Äußerungen momentan für eine positive Entwicklung gesorgt habe. Auch die Konjunktur würde jetzt brummen - mit 0,4 Prozent magerer Wachstumsrate? Von welchen Lobbyisten und Finanzjongleuren haben sich die Journalisten denn da beeindrucken lassen?

Ist sie also erst einmal vorbei, die so genannte Finanz- oder Eurokrise? (In Wirklichkeit eine wirtschaftliche und politische Systemkrise mit bloßem Kurieren an Symptomen!) Nach dem Prinzip Hoffnung soll nun die weiterhin brenzlige Situation an den Finanzmärkten mit angeblich „positiven Signalen“ von den Aktienmärkten gesund gebetet werden? Derweil versinken die Menschen in halb Europa in Armut und Aussichtslosigkeit und die EU hat ihr Gründungsziel verfehlt, Wohlstand für alle zu schaffen. Die himmelschreiende Ungerechtigkeit bei der Reichtumsverteilung stürzt immer mehr Menschen in Armut. Dank der halbherzigen und wirkungslosen Regulierungsmaßnahmen der Bundes- und Europapolitiker, die in diesen Tagen nicht einmal die dubiosen Ratingagenturen wirklich an die Leine legen wollten, bewegt sich in Wirklichkeit leider gar nichts nachhaltig zum Positiven.

Bei jährlich 2 bis 3 Prozent Inflationsrate mit steigender Tendenz in der sich abzeichnenden Rezession verlieren die kleinen Sparer und Anleger bei anhaltender Tendenz im Laufe der nächsten 20 Jahren rechnerisch fast die Hälfte ihrer Ersparnisse und Altersrücklagen! Denn mit den bewusst extrem niedrig gehaltenen Leitzinsen und Zinsen soll es allein den mit öffentlichen Steuergeldern geretteten und wieder gut verdienenden Banken ermöglicht werden, ganz billig an „geschenktes“ Geld zu kommen. Das verleihen sie dann anschließend für teure Zinsen an ihre Kreditnehmer einschließlich Staat und Kommunen. Ihren Zinsvorteil geben die Banken natürlich nicht an Sparer, Anleger oder staatliche Retter zurück, im Gegenteil. Sie haben ein Geschäftsinteresse an einer möglichst hohen Verschuldung auch von Staaten und Kommunen, denn wo ein Schuldner, da ist auch immer ein gutverdienender Gläubiger – nämlich die Banken.

Auch die 63.000 hoch verschuldeten Privatpersonen im Kreis Recklinghausen (laut RZ-Regionalseite vom 16. Januar) und weitere Kreditnehmer sind für die Banken ein lukratives Geschäft. Damit haben sie wieder Spielräume für ihre dubiosen Spekulationsgeschäfte und Schneeballsysteme, die das Ganze früher oder später wieder ins Wanken bringen. Verlieren werden die Normalbürger, die sich nur selten Aktien“ leisten könne. Wir erleben im Sinne des gleichnamigen Bestsellers den „größten Raubzug der Geschichte“ durch schleichende Ausplünderung des Volkes: Die Fleißigen werden immer ärmer und die Reichen immer reicher. Daran ändern auch nichts die Aktien-Empfehlungen naiver und blauäugiger Redakteure.