Wilhelm Neurohr

Das war sie also – die groß angekündigte „Zukunftskonferenz“ der SPD zum Auftakt des Vorwahlkampfes für die Bundestagswahl 2013. Themen und Hauptpersonen gehörten jedoch eher der Vergangenheit an: Drei ältere Herren, die ein Versteckspiel um ihre Kanzlerkandidatur betreiben, hielten ihre nicht gerade zukunftsorientierten Reden – einer sogar, ohne sie vom Blatt abzulesen, wie die Medien ausdrücklich lobten. Die Parteijugend und die Parteibasis kamen zu den Themen der Zukunft überhaupt nicht zu Wort. Stattdessen lobten Steinmeier und Steinbrück ihre umstrittene Agenda 2010 aus der vergangenen rot-grünen Legislaturperiode, auf die ihre Partei mit Stolz zurückblicken möge, obwohl damit die Hälfte der Wähler und Mitglieder vertrieben wurden. Entgegen allen seriösen wissenschaftlichen Studien, die der Agenda 2010 keinerlei positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt bescheinigen, sondern die negative Öffnung für prekäre Arbeitsverhältnisse und die Armutsentwicklung nachweisen, wurde von den SPD-Kanzlerkandidaten-Anwärtern wahrheitswidrig die Agenda 2010 im Nachhinein zum zukunftstauglichen Erfolgsmodell erklärt. Zugleich kündigten sie auf der „Zukunftskonferenz“ eine neue „Agenda 2020“ als Fortsetzung der untauglichen Rezepte der Vergangenheit an – für viele ehemalige SPD-Wähler und Mitglieder eher eine Androhung als ein Zukunftsversprechen, denn der Reformbegriff von Rot-grün ist ein Synonym für das Ende des Sozialstaates, also eher ein Alptraum als ein Zukunftstraum.

Gleichwohl gab es dafür von den auserlesenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der „Zukunftskonferenz“ begeisterten Beifall. Insbesondere feierten sie den wahrscheinlichen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, der als Ministerpräsident in der SPD-Hochburg NRW wegen seiner neoliberalen Politik von den Wählern mit nur 37% abgewählt und mit fast 45% vom CDU-Kandidaten Rüttgers überflügelt wurde. Nun setzt er im Bund auf Sieg (trotz 26% für die SPD nach aktuellen Umfrage-Ergebnissen) und nicht etwa auf große Koalition. Die schwarz-gelbe Landesregierung NRW mit ihrer noch neoliberaleren Politik und ihren vielen Skandalen wurde inzwischen längst wieder abgewählt und ebenfalls abgestraft. Die erfolgreiche SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bleibt in Distanz zu dem Kanzlerkandidaten-Trio der Bundes-SPD. Und der 65jährige Favorit Peer Steinbrück hatte sich die Oppositionszeit mit reichlichem Geldverdienen statt mit Partei-Engagement vertrieben, als teurer Vortragsredner über die Finanzmärkte, vor allem aber als Förderer und Befürworter von zweifelhaften Privatisierungsprojekten namens PPP und ÖPP in der so genannten „Deutschland AG“, zugunsten von „Partnerschaften“ mit Verquickung und Gleichsetzung privater und öffentlicher Interessen. Ein geeigneter Kanzlerkandidat, der sich zudem selber dazu ausgerufen hat? Warum nur sollten sich junge Leute noch in Parteien engagieren, um Politik selber mitzugestalten, wenn sie solche Verhältnisse in den Parteien vorfinden und bei ihren Zukunftsanliegen kaum mitreden dürfen? Und wer beklagt sich da über den Rückgang der Wahlbeteiligung auf unter 50%? Wie tief ist mittlerweile die SPD als älteste Partei Deutschlands gesunken! Im Foyer der „Zukunftskonferenz“ hatte sie eine lieblose Ausstellung über Etappen ihrer Vergangenheit aufgehängt, aber keine Zukunftsprojekte dargeboten. Halt eine programmatisch ausgebrannte Partei der Vergangenheit ohne begeisternde Visionen?