Lobbyismus und Politik in NRW (Kommentar):
Ein gut vernetzter Wirtschaftslobbyist als neuer Ministerpräsident in NRW?
DÜSSELDORF. Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 bekommt die NRW-Bevölkerung mit Hendrik Wüst einen neuen Ministerpräsidenten vorgesetzt, den die Landes-CDU als Laschet-Nachfolger ungefragt für das Wahlvolk ausgesucht hat. Reicht es als Qualifikation für so ein hohes Regierungsamt aus, seine bisherigen Berufserfahrungen ausschließlich bei einem zwielichtigen Lobbyunternehmen, bei einem Interessenverband und als Parteifunktionär und Parlamentarier gesammelt zu haben, um nun als hauptamtlicher Berufspolitiker in eine Spitzenposition aufzusteigen? Weder die 4 Jahre als „Stau-Minister“ noch drei irgendwie überstandene Skandale in der Vergangenheit, können als Zusatzqualifikation gewertet werden, um den von Wählern und Parteifreunden abgewatschten Armin Laschet mit Erfolgsaussichten als „Landesvater“ abzulösen. Wie kein anderer steht Hendrik Wüst als „schillernde Figur“ – ähnlich wie Friedrich Merz - für die unsägliche Interessenverschmelzung zwischen Wirtschaft und Politik und für die Nähe zu großen Lobbynetzwerken.
Als Landesvorsitzender der Wirtschafts -und Mittelstandsunion und als zeitweiliger wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion sowie einstiger Schatzmeister der Jungen Union ist der vom „konservativen Hardliner“ zum moderaten Verkehrsminister mutierte Hendrik Wüst durch seine Vergangenheit politisch belastet: Gleich nach seinem Jura-Studium mit 2. Staatsexamen war er mehrere Jahre lang zunächst für die skandalumwitterte Lobbyagentur „Eutop International GmbH Berlin“ als Geschäftsführer und Syndikus tätig. Die Firma nutzt gerne ehemalige und aktive Politiker als Türöffner für ihre Lobbyarbeit und hat sich erst 2016 mit Verzögerung ins Transparenzregister eingetragen. Laut Spiegel-online ein "Skandalkonzern".
Gehalt und Parteispenden von der Lobbyagentur
Die nach Selbsteinschätzung „größte und erfolgreichste Lobbyagentur“ in Europa, die vom einstigen CSU-Jungfunktionär Dr. Klemens Joos 1990 gegründet wurde, rekrutiert ihr hoch bezahltes Berater-Personal hauptsächlich aus ehemaligen Politikern, abgeworbenen Ministerialbeamten, EU-Büroleitern und Parlamentsmitarbeitern (oftmals ohne Karenzzeit), die ihr Insider-Wissen preisgeben. Diese Methode von „Eutop“ war für Hendrik Wüst als deren Bevollmächtigter in Berlin anscheinend kein Problem, denn die CDU profitierte später durch großzügige Parteispenden (zwischen 75.000 und 77.000 €) und der Berufseinsteiger Hendrik Wüst vom lukrativem Gehalt von dieser Lobbyfirma. Ihr Versuch, mit Hilfe ehemaliger Politiker auch Bundesminister und EU-Parlamentarier zu beeinflussen und privatwirtschaftliche Interessen als Gemeinwohl umzudeuten, ist schon sehr speziell. Klemens Joos schaffte es jedoch auf dem Rechtsweg, einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung aus dem Netz zu verbannen wegen des Aufmachers: "Das schwarze Netzwerk des Klemens Joos - Lobbyismus, Medien und die CDU".
Prominente Politiker wie Ex-Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) oder der damalige FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle wurden von „Eutop“ als Vortragsredner zu überhöhten Honoraren von je 7.000 € pro Vortrag vermittelt und erhielten im Gegenzug verdeckte Parteispenden über Sponsoring-Zahlungen für Parteitage; so flossen 100.000 € an die FDP. Damit habe man Politiker an die Unternehmen binden wollen, so hieß es laut Lobbycontrol in den Ermittlungsakten der Bonner Staatsanwaltschaft. Journalistische Recherchen aus Dokumenten des Wirtschaftsministeriums hatten zudem ergeben, wie „Eutop“ mit Behörden zusammenarbeitete und mit Hilfe von Wirtschaftsministern wie Peter Altmeier (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) auf Fusionsentscheidungen etc. Einfluss nahmen, was diese zu verschleiern versuchten. Schlagzeile im „Stern“ in 2017: „Wie ein Lobby-Riese mit dem Wirtschaftsministerium kooperiert.“ (Die dubiosen Methoden der intransparenten Lobbyagentur „Eutop“ mit ihren Dependancen in allen Hauptstädten werden nachfolgend noch näher beleuchtet).
Lobbyist für die Marktmacht der Verleger in NRW
Nach seiner Lobbyarbeit für „Eutop“ von 2000 bis 2005 war Hendrik Wüst 7 Jahre lang Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger, ihrer Betriebsgesellschaften und der Pressefunk GmbH, und zwar wenige Monate nach seinem Rücktritt oder „Rauswurf“ als CDU-Generalsekretär wegen mehrerer Skandale. Der Interessenverband der Verleger ließ ihrem hauptamtlichen Geschäftsführer Hendrik Wüst für die gleichzeitige Ausübung seines Landtagsmandates den notwendigen Freiraum, damit er hauptsächlich als gut bezahlter Lobbyist die Interessen der Verleger zugunsten ihrer Marktmacht mit 41 Tageszeitungen und 2,5 Mio. Lesern wirksam vertreten konnte.
Im Gegenzug war ein der CDU-Landesregierung in NRW positiv geneigtes Presse-Echo gewiss zu erwarten. Denn Hendrik Wüst stand somit im Zentrum eines Netzwerks von Dutzenden Lokalredaktionen und Lokalradios in NRW, die im Besitz weniger Hände sind, organisiert vom Verlegerverband. Zugleich war er Geschäftsführer der „dein.FM.Holding GmbH & Co KG“ Düsseldorf mit dem nicht erreichten Ziel, Frequenzen für ein Jugendprogramm für die jüngeren Wählergruppen und zugleich Werbeeinnahmen zu sichern.
NRW-Klüngel: Wüst ließ sich von Verlegern bezahlen
In dieser Zeit geriet jedoch die CDU-geführte Landesregierung NRW zu Recht in die negativen Schlagzeilen wegen der beachtlichen Nähe der CDU-Landesregierung mit den NRW-Verlegern, von denen Hendrik Wüst sich neben seinen Landtagsdiäten jahrelang gut bezahlen ließ. Zugleich warb er für deren personelle Einbindung in die Regierung. Das führte zu der Schlagzeile: „Klüngel in NRW - Die Verleger-Regierung“ (taz). Dem Medienminister der Regierung, Stephan Holthoff-Pförtner, Mitbesitzer des mächtigen Funke-Medienkonzerns, wurde auf öffentlichen Druck daraufhin die Zuständigkeit für den Bereich Medien entzogen. Denn der Medienminister war zugleich Verlagsbesitzer, so dass die Landesregierung ihre Medienmacht im eigenen Kabinett bündelte.
Gleichwohl werden die Medien und die Lobbynetzwerke ihrem einstigen Lobbyisten Hendrik Wüst, der zugleich CDU-Bundesvorstandsmitglied war, nach seiner Nominierung für das Ministerpräsidentenamt im bevorstehenden Wahljahr sicherlich hilfreich zur Seite stehen. Vielleicht haben sie sich auch hinter den Kulissen für seine Ernennung stark gemacht, weil man sich von ihm noch einiges erhofft? Es ist also weiterer Filz zwischen Politik und Wirtschaft in NRW unter einem Ministerpräsidenten Hendrik Wüst nicht ganz auszuschließen…
Sponsoring-Affäre führte zum Rücktritt von Wüst
Weitere Skandale um die Person Hendrik Wüst möchte die CDU am liebsten vergessen machen, so z.B. den „Rent-a-Rüttgers-Skandal“, der 2010 zum Rücktritt von Wüst als CDU-Generalsekretär führte. Doch das Wähler-Gedächtnis reicht weit zurück: Als Generalsekretär des CDU-Landesverbands war Hendrik Wüst dafür verantwortlich, in Briefen an Unternehmen gegen Geld vertrauliche Gesprächszeiten mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) angeboten zu haben. Er hatte seinen Ministerpräsidenten an zahlungskräftige Unternehmen verkauft.
„Rent a Rüttgers“ – das war die „Sponsoring-Affäre“. (Darin waren auch die FDP und die Lobbyagentur „Eutop“ verwickelt: Nach einem Gastbeitrag von Guido Westerwelle bei Eutop gegen die Regulierung des Breitbandausbaus bei Telekom erhielt die FDP eine verdeckte Spende von 100.000 €.) Das alles roch nach „Wirtschaft-Politik- Geklüngel“. Zugleich war aufgeflogen, dass Hendrik Wüst unrechtmäßige Zuschüsse zu seiner Krankenversicherung bezogen hatte – für ihn sicherlich Peanuts? Das hielt ihn (laut taz) nicht von seiner zynischen Forderung ab, Arbeitslose auch "zum Aufsammeln von Hundekot und Drogenspritzen" zu zwingen...
Verfolgung von Gegenkandidatin mittels Videoteam
Heute will er dazu beitragen, von den 1,4 Mio. Wählern, die bei der Bundestagswahl von der CDU zur SPD gewandert sind und von den 800.000, die von der CDU zu den Grünen gewechselt haben, etliche in NRW wieder zur CDU herüberzuziehen. Die CDU hofft, den 46-jährigen (geläuterten) Hendrik Wüst aus dem konservativen Münsterland als jungen Politiker des Aufbruchs und der Modernisierung glaubwürdig verkaufen zu können. Schließlich hat er auch zurückliegende Wahlkampferfahrung mit einer speziellen Strategie, die ihm von seiner CDU als „Jugendsünde“ verziehen wurde:
Noch 2010 hatte die CDU unter Generalsekretär Wüst für Schlagzeilen gesorgt, als die Partei ihre SPD-Konkurrentin Hannelore Kraft (SPD) von einem Videoteam verfolgen ließ, um mit dieser „Wahlkampfbeobachtung“ gezielt deren Ausrutscher zu dokumentieren und diese medial gegen sie zu nutzen. Das kostete anschließend der CDU die Mehrheit im Landtag. Die taz kommentierte damals: „Generalsekretär Hendrik Wüst? Medienprofi, mit niedriger moralischer Lattenhöhe.“
Karriere in Wirtschaft und Politik gleichzeitig?
Im Februar 2010 trat Wüst als Generalsekretär zurück oder wurde abberufen, sein Landtagsmandat behielt er aber. Dieses war sein Sprungbrett ins Ministeramt und ist nun das Aufstiegskriterium für das Amt des Ministerpräsidenten. Die einstige Lobbytätigkeit macht sich für die Karriere also erneut bezahlt für den Berufspolitiker- oder gab es noch andere Auswahlkriterien, die der Öffentlichkeit verborgen bleiben? Die Sorge seiner Parteifreunde: Vielleicht holt ihn bald seine skandalträchtige Vergangenheit im bevorstehenden Wahlkampf wieder ein? Muss er sich entweder für die Wirtschaft oder für die Politik entscheiden oder geht in seiner künftigen Rolle beides gleichzeitig ohne Interessenkollision, wie er es aus der Vergangenheit gewohnt war?
Prägende und nützliche Erfahrungen als Berufseinsteiger bei „Eutop“?
Seine erste richtige Anstellung nach seinem Jura-Studium war sicher biografisch prägend für den damaligen Berufseinsteiger Hendrik Wüst und nützlich für die weitere Laufbahn bis nach ganz oben. Er hatte zuvor einen Teil seiner Referendar-Ausbildung in Brüssel absolviert, das war bei der Lobbyagentur „Eutop“ willkommen. Denn laut Homepage will sie mit ihren 150 Mitarbeitern und Beratern eine „Interessenvertretung von Unternehmen, Verbänden und Organisationen bei der EU“ sein und dazu „Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen“ pflegen, um „Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen“ und den Kunden, darunter Dax-Unternehmen, die richtigen Adressaten und politischen Entscheidungsträger zu vermitteln. Eutop stehe für „erfolgreiche Kommunikation zwischen Wirtschaft und Politik“ – eine schöne Umschreibung von wirtschaftlicher Interessenpolitik und Lobbyarbeit.
Die Doppelstrategie der Lobbyagentur „Eutop“
Der ehemalige Finanzminister Theo Waigel (CSU) attestiert „Eutop“ in der Jubiläumsbroschüre zum 30-jährigen Firmenjubiläum sogar, dass die Lobbyagentur einen „wesentlichen Beitrag für das Erfolgsprojekt Europa“ leiste. Und Eutop-Chef und Gründer Klemens Joos, Träger des bayrischen Verdienstordens, schrieb schon seine Doktorarbeit über „Interessenvertretung deutscher Unternehmen bei den EU-Institutionen“. Heute behauptet er kühn über seine Lobbyagentur: „Wir sind auf der Seite derjenigen, die im Interesse des Gemeinwohls etwas wagen wollen.“ Und Eutop (mit seinem intransparenten Firmengeflecht) leiste einen „Beitrag zur Transparenz der Entscheidungsabläufe in der EU“. Die Lobbyagentur will „als unabhängiger Intermediär von Kunden sowie von Legislative und Exekutive dauerhaft akzeptiert werden“.
Dass im EU-Parlament die vorherigen Mitentscheidungsverfahren in echte Gesetzgebungsverfahren aufgewertet wurden, bedauert Joos einerseits „wegen der unkalkulierbaren Entscheidungsprozesse für Unternehmen, Verbände und Organisationen". Andererseits liegt in der Komplexität genau sein Geschäftsmodell der Beratung. Zu seinen Kunden gehören u. a. Telekom, Post, Vereinigung der bayrischen Wirtschaft, Edeka, Burda, und Wacker-Chemie. Letztere zahlte jährlich 250.000 € an Eutop für den Lobby-Kampf gegen Zölle.Die Lobbyagentur kooperiert auch mit Medien wie ZDF und FOCUS und nutzt journalistische Informationsangebote für Lobbystrategien. Bei der „riesigen Konkurrenz von Lobbyorganisationen in Brüssel“ sieht Eutop seine „völlig neuen Methoden“ als Alleinstellungsmerkmal. Doch was sind das für Methoden?
Ehemalige Politiker und Parlamentspersonal als Lobbyisten bei „Eutop“
Die Lobbyagentur „Eutop“ brüstet sich damit: „Ehemalige Spitzen der Legislative und Exekutive sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus vielen EU-Mitgliedsstaaten sind für Europ tätig.“ Dazu schrieb der Spiegel in 2019: „Wie ehemalige Politiker für die Lobbyfirma auch Bundesminister und EU-Parlamentarier zu beeinflussen versuchen“. So gibt es reihenweise Insider als Seitenwechsler, die von der Lobbyagentur in Publikationen stolz präsentiert werden, z. B. der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium von Ursula von der Leyen, Stephane Beemels sowie der frühere EU-Botschafter in Deutschland, Gerhard Sabattlich als Geschäftsführer von Eutop in Berlin und jetzt in Brüssel.
Als Eutop-Direktoren am Standort Berlin etc. fungieren Mathias Schenk (vormals Büroleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag), Sara Ida Kaiser (zuvor Büroleiterin der Berliner Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung), Lorenz Heimerl (für EU-Parlament und Lobby-Agenturen in Berlin und Brüssel tätig, Studium in London), Walter H. Tombrock als Senior-Direktor Eutop international (zuvor Büroleiter und Mitarbeiter im Bundestag und EU-Parlament), Detlef Dauke als Leiter der Depandance in Frankfurt (ehemaliger Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium), Robert Olmo als Direktor Eutop Brüssel (war im EU-Parlament und als Büroleiter für eine Lobbyagentur in Brüssel tätig), Christian Schaufler als Geschäftsführer Eutop international (früherer Büroleiter der CDU-Regierungsfraktion im Landtag Baden-Württemberg und später Büroleiter des CDU-Ministerpräsidenten). Die Reihe der Namen ließe sich fortsetzen.
Das Netzwerk der Lobbyagentur Eutop
Die Lobbyagentur „Eutop“ brüstet sich mit 3.500 Kontakten zu Institutionen und Organisationen in EU und Mitgliedsländern und behauptet: „Das Eutop-Team ist überparteilich und gehört dem Umfeld aller demokratischen Parteien an. (…) Wir haben 150 Mitarbeiter und strukturelle Berater aus Wirtschaft und Politik.“ Eutop hat Repräsentanzen in den wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Zentren des Landes sowie ihr Büro in Brüssel nahe des EU-Parlaments und der Kommission. In Berlin ist das Büro direkt Unter den Linden, „ein Katzensprung von Bundestag und Bundesministerien entfernt“. Eutop Frankfurt GmbH sitzt im Finanzdistrikt, das Düsseldorfer Büro im wirtschaftlichen Zentrum der Stadt. Die Hauptverwaltung und der Firmensitz ist in München. In Paris ist das Büro „nahe den Schaltstellen der französischen Politik“. Vertreten ist Eutop in Madrid, Rom, Prag, Kopenhagen, Budapest (im Verwaltungs- und Finanzzentrum). Vertriebs-Repräsentanzen gibt es in London, Shanghai, Peking, Tokio und New York. Eutop will über die EU hinaus bis 2030 auch "Unternehmen aus anderen Regionen der Welt prozessual begleiten."
Die Lobbyagentur Eutop hatte auch mit Gerichten und Staatsanwälten zu tun, etwa 2016 anlässlich der umstrittenen Edeka-Fusion über Wirtschaftsminister Gabriel, der die Kontakte zu verschleiern versuchte und als befangen galt, aber die Fusion vor Gericht durchsetzte. Der Edeka-Geschäftsführer war vorher Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium. In 2020 berichtete der Spiegel über die Durchsuchung mehrerer Geschäftsräume der Lobbyagentur Eutop in Berlin und Brüssel - wegen des Spionageverdachts des leitenden Mitarbeiters Prof. Dr. Gerhard Sabathil, früherer Botschafter in Südkorea (davor beim Industrie- und Handelstag tätig und bei der EU in der Generaldirektion für Wettbewerb sowie als Büroleiter beim Industriekommissar). Der Geschäftsführer wurde daraufhin abberufen, aber das Verfahren später von der Bundesanwaltschaft eingestellt.
Lobbyarbeit für Wirtschaftsinteressen dient nicht dem Gemeinwohl
Wer sich mit seinen Politiker-Kollegen auf derartige Lobby-Netzwerke einlässt, darf sich nicht wundern, dass sich die Wähler scharenweise von ihnen abwenden. Hier fehlt dem Wahlvolk eine ganz deutliche Distanzierung des NRW-Ministerpräsidenten in spe und designierten CDU-Vorsitzenden von seinen früheren Lobby-Kontakten, die dem Gemeinwohl und der Demokratie abträglich sind – auch wenn Eutop das Gegenteil behauptet oder vortäuscht.
Vielleicht hat Hendrik Wüst sich ja wirklich gewandelt? In einem aktuellen Porträt über den künftigen CDU-Spitzenmann in NRW schreibt der WDR: "Auch im Auftreten ist Wüst bemüht, das Image des Scharfmachers abzustreifen. (...) Ein bisschen eine Mischung aus Jungunternehmer und Schwiegermutters Liebling." Vom Traum einer konservativen oder marktradikalen Wende in der Partei habe er sich angeblich verabschiedet, ebenso von seiner früher zackigen bis schneidigen Rhetorik. Lassen wir uns also überraschen von seinem Sinneswandel zugunsten des Gemeinwohls.
Wilhelm Neurohr