Wilhelm Neurohr

Handelt es sich um eine zufällige Häufung von problematischen Einzelmeinungen einiger Redakteure oder um eine grundlegende politische Neuausrichtung der Zeitungen des Medienhauses Bauer?

Es begann am 7. August mit einem Artikel und Kommentar des Leiters der Regionalredaktion, Michael Wallkötter, in dem er die rechtspopulistische UBP und ihre Programmatik in höchsten Tönen für akzeptabel und unterstützenswert erklärte.

Es setze sich fort am 2. September mit einem erfreuten Kommentar des Politik-Redakteurs Günter Wolf über den „grandiosen Wahlsieg“ der rechtspopulistischen AfD in Sachsen, deren fragwürdige Programmatik er in den einzelnen Punkten (einschließlich Islamophobie und Homophobie) quasi für mehrheitsfähig erklärte und die Angriffe der etablierten Parteien auf die AfD tadelte.

Und einen Tag später, am 3. September, lobte Politik-Redakteur Christof Schneider in seinem Kommentar nachdrücklich sämtliche problematischen Äußerungen des Bundespräsidenten Gauck, der seit der so genannten „Sicherheitskonferenz“ der Rüstungslobby im Februar 2014 in München militärische Auslandseinsätze der Bundeswehr in aller Welt für notfalls erforderlich erklärte – obwohl 80% der Bevölkerung dagegen sind - und aktuell für mehr militärische Nato-Präsenz vor den Grenzen Russlands plädierte.

Zuvor, am 29. August, veröffentlichte das Medienhaus Bauer ungeprüft ein Agentur-Foto in seinen Zeitungen, auf denen angeblich hochmoderne Panzer der russischen Armee in der Ukraine im Einsatz sind. Tatsächlich handelte es sich um ein altes Foto vom Juni 2009 von einem russischen Militärmanöver nach dem Kaukasus-Krieg, das schon damals von den Medien veröffentlicht wurde, (wie Dietrich Stahlbaum in einem Leserbrief an das Medienhaus Bauer entlarvte). Was soll solche manipulierte und propagandistische Kriegsberichterstattung in „seriösen“ Medien?

Obendrein hat sich seit Jahren eine journalistische Unsitte bei den Redakteuren des Medienhauses Bauer und seinen Agenturen eingebürgert, nämlich die unzulässige und inakzeptable Vermischung von Bericht und Kommentar in „flotter Schreibe“ im Spiegel-Stil , wofür ich täglich Beispiele und Belege liefern könnte. Längst begnügen sich die Medien also nicht mehr mit der sachlichen und objektiven Berichterstattung und Information der Leserschaft sowie gesonderter Kommentierung, um der mündigen Leserschaft eine eigene Meinungsbildung zu ermöglichen. Vielmehr hat man sich wohl die „Meinungsmache“ auf die publizistischen Fahnen geschrieben und möchte am liebsten selber Politik machen statt nur darüber zu berichten, und das auch inhaltlich gegen 80% der Bevölkerungsmeinung? (Das wäre Missbrauch der Monopolstellung auf dem hiesigen Lokal-Zeitungsmarkt).

Sicherlich kann man ja als Leser den Meinungsäußerungen gewisser Redakteuren widersprechen und sich mit ihren teils extremen Meinungen als Andersdenkender kritisch auseinandersetzen. Schließlich ermöglicht ja das Medienhaus Bauer lobenswerterweise mehrmals wöchentlich ein breites Forum an Leserbriefen und gibt somit der Meinungsvielfalt und dem Meinungsaustausch mehr Raum als andere Zeitungen.

An die ansonsten eher bürgerlich-konservative bis liberale Ausrichtung im Zeitungsspektrum des Medienhauses Bauer Recklinghäuser Zeitung hat man sich in über 50 Jahren treuer Leserschaft gewöhnt und erwartet auch keine Umorientierung am eher linken politischen Spektrum, das in dieser Region eher beheimatet ist. Sollten jedoch die vorgenannten Beispiele Anzeichen für eine Tendenzwende quasi in Richtung „populistischer Rechtsruck“ bedeuten, dann müsste man doch als Leser auf Dauer eine Beendigung des langjährigen Abonnements erwägen, wenn es nicht mehr zu ertragen ist…