Wilhelm Neurohr

14. Braunschweiger Gramski-Tage:

"Die soziale Schieflage in den Corona-Programmen – Wer trägt die Lasten, wer profitiert?"

Zum Thema:

So wie Corona-Pandemie ihre Ursache in dem ungebremsten Vordringen der kapitalistischen Globalisierung in zuvor abgeschottete Naturräume hat, werden in ihren Auswirkungen die Folgen jahrzehntelanger neoliberaler Politik wie in einem Brennglas sichtbar. Die Situation markiert einen „Knotenpunkt der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung“ (Frank Deppe). Gibt es danach ein „Weiter so“ oder öffnet sich der Weg in eine sozial-ökologische Transformation? In Vorträgen und Diskussionen geht es um Analysen und Perspektiven für eine alternative politische Strategie.

Näheres zu den Inhalten:

Die schon seit 2007/08 schwelende Absatzkrise der Automobilindustrie wurde durch den monatelangen Lockdown verschärft. Ihr soll durch den „European Green Deal“ begegnet werden. Notwendig wäre aber eine sozial-ökologische Transformation im Sinne einer Mobilitätswende, um nachhaltige Mobilität mit Beschäftigungssicherung und guter Arbeit zu verbinden.

Die Auswirkungen der Corona-Krise treffen auf ein in den letzten Jahrzehnten systematisch kapitalisiertes Gesundheitssystem. Gesundheitsleistungen als Profitquelle für Investoren haben zu einem Überangebot an lukrativen medizinischen Eingriffen und einer Unterversorgung in der zeit- und personalintensiven Pflege und Therapie geführt – mit der Folge einer hohen Arbeitsverdichtung zum Nachteil des Pflegepersonals und der Patient*innen. Die zugespitzte Situation zeigt, dass das Gesundheitssystem als Einrichtung der öffentlichen Daseinsvorsorge reorganisiert werden muss.

Die Corona-Krise kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Armutsquote mit 15,9% den höchsten Wert seit der deutschen Wiedervereinigung aufweist. 13 Mio. Menschen sind betroffen. Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen fordert gemeinsam mit Gewerkschaften, Kirchen und Sozialverband Deutschland gute Arbeit statt prekärer Beschäftigung, Umverteilung statt Ausgrenzung, ein menschenwürdiges Existenzminimum, soziale Sicherheit statt Armut und Partizipation der Betroffenen.

Die Situation zeigt einmal mehr die Notwendigkeit politischer Steuerung zur ökonomischen Krisenbewältigung und zu einer zukunftsgerichteten ökologischen Modernisierung, auch auf Basis einer massiven Staatsverschuldung. Fatal wäre zum Schuldenabbau jedoch ein Rückfall in Austeritätspolitik und Ausgabenkürzungen. Stattdessen ist eine gerechte gesellschaftliche Kosten- und Lastenverteilung notwendig, auch um die soziale Schere wieder ein Stück weit zu schließen und die „räuberische Überersparnis“ (Keynes) von Superreichen abzubauen. Dieses gelingt über eine Vermögensabgabe (Lastenausgleich), die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer und einen umfassenden sozial-ökologischen Umbau des Steuersystems. Ziel muss eine Wirtschaftsdemokratie mit einer gerecht verteilten Wertschöpfung für alle sein.

Programm:

Klaus-Dieter Gleitze, Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz Niedersachsen, spricht über Die soziale Schieflage und Corona.

Prof. Dr. em. Heinz-Josef Bontrup, Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik e.V. erläutert in seinem Vortrag Gerechte Steuerpolitik zur Finanzierung eines sozial-ökologischen Umbaus die Analysen und Empfehlungen der Memorandum-Gruppe.

Abschließend erfolgt eine Plenumsdiskussion mit den Referent*innen und Prof. em. Dr. Frank Deppe, Philipps Universität Marburg, sowie Manuela Kropp, Mobilitätsexpertin der Rosa Luxemburg Stiftung, Büro Brüssel, und Dr. Nadja Rakowitz, Geschäftsführerin des Vereins demokratischer Ärztinnen und Ärzte e.V.:
Zurück zur „Normalität“ oder Transformation in eine sozial-ökologische Gesellschaft? - Erkenntnisse aus der „Corona-Krise“ über den Zustand der kapitalistischen Gesellschaft und politische Perspektiven

Abgerundet wird das Programm vom KünstlerInnenkollektiv M.Pört (Tristan Jorde und Kristin Kehr) mit einem Ausschnitt aus der politisch-musikalisch-theatralen Revue aaarm und RRREICH - Ohne Empörung sind wir nur Mitläufer.

In den vorangegangenen Tagungen am 5.11.2020 und am 18.11.2020 mit Manuela Kropp, Dr. Nadja Rakowitz und anderen hießen die Themenstellungen Sozial-ökologische Transformation statt European Green Deal und Gesundheit für alle statt Profite für wenige.

Näheres zum Programm unter www.biap-braunschweig.de

Anmeldung:

Die Tagung findet als interaktive Präsenz- und Videokonferenz statt.
Für die Online-Teilnehmenden wird der Zugangslink vor der Veranstaltung übersandt.

Die Nds. Corona-Verordnung erlaubt in der seit 1.12.20 gültigen Fassung Veranstaltungen mit sitzendem Publikum mit bis zu 50 Teilnehmer*innen am Veranstaltungsort.

Wir gehen achtsam miteinander um und beachten die Regelungen der Corona-Verordnung und das Hygienekonzept für den Veranstaltungsort.

Die Veranstaltung ist kostenlos. Spenden sind willkommen.

Anmeldungen bitte an gramsci-tage@biap-braunschweig.de

Die Braunschweiger Gramsci-Tage:
finden seit 2007 jährlich statt. Sie verbinden aktuelle Debatten der gesellschaftlichen, gewerkschaftlichen und parteipolitischen Linken mit einer kritischen theoretischen Analyse der Verhältnisse in der kapitalistisch geprägten Welt und bieten einen Raum für die Diskussion von Strategien alternativer Politik.