Rückblick und Ausblick zum Jahreswechsel 2018/2019
Hier vorab zwölf Weisheiten zur Besinnung:
- "Denke immer daran, dass es nur eine wichtige Zeit gibt: Heute. Hier. Jetzt." (Tolstoi)
- "Wenn man will, das das Jahr erfolgreich wird, muss man am ersten Januar damit beginnen." (Volksweisheit)
- "Beginne nicht mit einem guten Vorsatz, sondern mit einer kleinen Tat". (Volksweisheit)
- "Wer im Laufe des Jahres nur einen neuen Gedanken hervorgebracht hat, der hat sein Jahr verdient".
- "Es ist von grundlegender Bedeutung, jedes Jahr mehr zu lernen als im Jahr davor." (Peter Ustinov)
- "Die besinnlichen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr haben schon manchen um die Besinnung gebracht". (Ringelnatz)
- "Ein Jahr zählt mit so vielen Tagen, wie man es genutzt hat".
- "Das beste an der Zukunft ist, dass sie uns einen Tag nach dem anderen serviert." (Abraham Lincoln)
- "Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen". (Peter Ustinov)
- "Das Fortrücken in der Kalenderzahl macht wohl den Menschen, aber nicht die Menschheit reifer". (Johann Peter Hebel)
- "Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen". (Antoine de Saint Exupéry)
- "Wenn der Mensch nicht über das nachdenkt, was in ferner Zukunft liegt, wird er das schon in naher Zukunft bereuen." (Konfuzius)
Einen Dreizehnten haben wir noch:
- "Man knallt in das neue Jahr hinein, um sich über das alte nicht mehr zu erschrecken." (Italienische Volksweisheit)
Jahresrückblick 2018 / Jahresausblick 2019
2018 – das Jahr der politische Defizite und Verwerfungen
Sozialpolitik
Zum Jahresende 2018 warf der UNO-Sozialrat unserem reichen Deutschland erhebliche Defizite in der Sozialpolitik vor: Zahllose ältere Menschen lebten unter entwürdigenden Bedingungen und erhielten in bestimmten Pflegeheimen und aufgrund des Mangels an qualifiziertem Personal keine angemessene Pflege, heißt es in einem Bericht des Gremiums. Die Bundesregierung müsse unverzüglich mehr Geld in die Pflege, insbesondere für die Ausbildung von Pflegern stecken und Einrichtungen häufiger und gründlicher kontrollieren.
In dem Dokument wird zudem darauf hingewiesen, dass in Deutschland mehr als 2,5 Millionen Kinder in Armut leben. Bezweifelt wird, dass die Leistungen für Kinder ausreichten, um den grundlegenden Bedarf und einen ausreichenden lebensstandard zu decken. Mit Blick auf Hartz-Vier-Empfänger werden eine unverzügliche Anhebung der Grundsicherung sowie ein Stopp von Leistungskürzungen gefordert.
Moniert wird ferner, dass etwa 1,2 Millionen Menschen trotz einer Beschäftigung auf Sozialleistungen angewiesen seien. Nötig sei deswegen eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns.
Ebenfalls zum Jahresende wurde der Armutsbericht 2018 veröffentlicht, der aufzeigt: Die Armut im reichen Deutschland steigt ungebremst immer weiter, entgegen allen politischen Lippenbekenntnissen zur „Armutsbekämpfung“: Rund 14 Millionen Menschen in Deutschland leben in relativer Armut. Davon sind nur ein Fünftel Arbeitslose, zu Dreiviertel trifft es Personen mit mittlerem oder höherem Qualifikationsniveau, die erwerbstätig oder in Ausbildung sind oder im Rentenalter. Sie sind arm trotz Arbeit und Bildung. Deutschland hat also auch nach der dritten großen Koalitionsregierung seit der Jahrtausendwende ein ungebremst ansteigendes Armutsproblem mitsamt hoher Kinderarmut. Das alljährliche politische Versprechen, die Armut zu bekämpfen, bleibt stets unerfüllt.
Das „Netzwerk Gerechte Rente“ , zu dem Gewerkschaften und Sozialverbände gehören, fordert anlässlich des Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtverbands mit einem 6-Punkte-Plan als Sofortprogramm gegen Altersarmut die Große Koalition zum Handeln auf. Demgegenüber ist das "Rentenpaket" der GroKo, das als „großer Schritt gegen Armut im Alter“ verkauft wird, der blanke Zynismus. Die sogenannte "Stabilisierung des Rentenniveaus" auf 48% bis 2025 bezieht sich auf den Lohn, den man in 45 Jahren versicherungspflichtiger Berufstätigkeit erhalten hat. Wer in dieser Zeitspanne rechnerisch immer das Durchschnittseinkommen verdiente (2017 waren dies 37.103 €) erhält davon 48% als Rente, wovon allerdings noch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. Die derzeitige Standardnettorente beläuft ich auf monatlich 1.284 €.
Auch die OECD (Organisation für wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Entwicklung) stellt der deutschen Rentenpolitik ein vernichtendes Zeugnis aus. So erreichen laut einer OECD-Studie Geringverdiener in Deutschland nur ein Rentenniveau von 55 Prozent ihres durchschnittlichen Einkommens. Der OECD-Schnitt liegt bei 82 % (!), in einige Ländern sogar über 80% des Bruttoverdienstes. In Europa gehört Deutschland beim Rentenniveau zu den Schlusslichtern (auf Platz 23).
Wohin eine verfehlte neoliberale Sozialpolitik mit Verhöhnung der Armen führen kann, zeigen die breiten und anhaltenden Proteste der „Gelbwesten“ in Frankreich gegen den in der Gunst abstürzenden Präsidenten Macron, der als ehemaliger Investment-Banker die Steuergeschenke für die Reichen durch Abgaben und Sozialkürzungen bei den Armen finanzieren wollte, denen er berits im Juni 2018 „mehr Genügsamkeit“ empfahl und die er durch angedrohte „erzieherische Maßnahmen“ zu „eigenen Anstrengungen“ antreiben wollte. Das erinnert an die ebenso abfälligen Äußerungen das damaligen Wirtschafts- und Arbitsministers Clement in der Regierung Schröder über die Arbeitslosen bei Einführung der drastischen Hartz-IV-Sanktionen. Damit begann der unaufhaltsame Abstieg der Sozialdemokraten in Deutschland, denen Macron in Frankreich nun nachfolgt. (Heute wirbt der ausgetretene Ex-Sozialdemokrat Clement in Wahlkämpfen für die FDP und ist Kuratoriumsvorsitzender der Arbeitgeberinitiative „Neue soziale Marktwirtschaft“. Auch Macron wird einen neuen Job in der Wirtschaft finden…)
Umwelt- und Klimapolitik
Der „Dürresommer“ im fast tropischen Deutschland von März bis November machte die Klimakatastrophe zur Alltagserfahrung: Eine regenarme „Heißzeit“ zwischen 30 und 40 Grad Hitze, mit vertrockneten Wiesen und Feldern, verdorbenen Ernten, mit leeren Flüssen und Seen, mit starken Orkanen sowie mit brennenden Wäldern. Ein heftiger Tsunami wütete zudem in Indonesien. Auf dem Weltklimagipfel im polnischen Kattowitz wurde der Ernst der Lage in Anbetracht der zunehmenden Erderwärmung zwar erkannt, aber die als „erfolgreiche Meilensteine“ verkündeten unverbindlichen Kompromisse zur weiteren Drosselung der Treibhausgas können nicht verdecken: Es geschieht noch viel zu wenig und das Wenige viel zu langsam. Die CO-2-Emsissionen steigen um 2%. Besonders die deutsche Regierung liefert nicht und erhielt deshalb den Negativpreis „Fossil des Tages“.
Die heftigen Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst und die Braunkohlepolitik sowie die Vertagung der Empfehlungen der „Kohlekommission“ ins nächste Jahr 2019 zeigen ebenso wie die skandalöse Rücksichtnahmen der Bundesregierung auf die Automobilhersteller beim Dieselskandal, dass Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland nicht ernst genommen werden. Die EU-Kommission verklagte Deutschland im Mai 2018 vor dem Europäischen Gerichtshof wegen deutlicher Grenzwertüberschreitung bei der Luftverschmutzung, weil das zurückliegende Jahrzehnt nicht zur Verbesserung genutzt wurde. Nach der Klimakonferenz von Kattowitz einigte sich die EU auf deutlich schärfere CO2-Grenzwerte für Neuwagen, als es die deutsche Bundesregierung wollte.
Demgegenüber verharmlost die Bundesregierung die Gesundheitsschädlichkeit, obwohl 107.000 Menschen jedes Jahr weltweit durch Stickoxide in Dieselabgasen sterben. 38.000 davon, weil die Hersteller die Abgaswerte nicht einhalten. Das Bundesumweltamt spricht laut einer Studie von 6000 vorzeitigen Todesfällen im Jahr durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor allem infolge des Stickstoffdioxid (NO2) aus dem Auspuff von älteren Diesel- und Verbrennungsmotoren. Beim „Diesel-Kompromiss“ zwischen Bundesregierung und Automobilindustrie kann jedoch nicht einmal der Fahrplan zur PKW-Nachrüstung eingehalten werden. Wegen der von Gerichten verhängten Fahrverbote will die CDU der stets erfolgreich klagenden „Deutschen Umwelthilfe“ die Gemeinnützigkeit entziehen und damit offenbar in die Unabhängigkeit der Judikative eingreifen.
Das ist die betrübliche Umweltbilanz des Jahres 2018, bei dem sich obendrein das alarmierende menschengemachte Artensterben mitsamt Insektensterben (und das neuerliche Waldsterben) als ebenso bedrohlich für unser Ökosystem erweist wie der Klimawandel, der seinerseits mehr als die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten bedroht. Ein erstes zaghaftes politisches Bemühen ist hingegen in Deutschland und der EU erkennbar bei der Reduzierung von (Einweg-)Plastik in der Umwelt, mit dem auch das Ökosystem unserer Weltmeere bedroht wird. Hier sind aber vor allem auch die Verbraucher und handelnden Menschen gefordert, ihr Verhalten im neuen Jahr zu ändern.
Lobbyismus
Zu diesem Thema sei auf den in 2018 ausgetretenen SPD-Bundestagsabgeordneten Marco Bülow auf Dortmund verwiesen, der feststellt: „2018: Ein erfolgreiches Jahr für einflussreiche Lobbyist*innen in Deutschland. Politische Kontrolle, mehr Transparenz – Fehlanzeige. Keine einzige Verschärfung ging durch den Bundestag: weder Lobbyregister, legislativer Fußabdruck noch Parteienfinanzierung, Nebeneinkünfte oder Karenzzeit wurden angefasst. Im Koalitionsvertrag findet sich kein Abschnitt zum Thema Lobbyregulierung. Schwarz-Rot fiel sogar hinter das Ergebnis der Jamaika-Sondierenden zurück. Entsprechende Anträge der Opposition (z. B. 19/836) wurden im Bundestag abgebügelt.
Die GroKo ist sich einig, dass man über Lobbyismus schweigt. Auch in diesem Jahr gingen wieder Großspenden in Höhe von mehr als 1,3 Millionen Euro an die Parteien im Bundestag, die CDU ganz vorne mit dabei. Und da sind die „umsatzstarken Spendentage“ kurz vor Jahreswechsel sowie das intransparente Parteiensponsoring noch nicht mit eingerechnet.
2018 hat auch gezeigt, dass nicht einmal die größten Skandale wie Cum-Ex oder Diesel ausreichen, um die Mehrheit im Parlament zum Umdenken zu bewegen. Seit vielen Jahren schauen wir entsetzt dabei zu, dass sich Lobbyakteure an den Interessen der Allgemeinheit vorbei im politischen Betrieb durchsetzen und teilweise sogar handfeste Skandale unbescholten hinter sich lassen. Das muss endlich ein Ende haben!“
Parteipolitik
Die zweistelligen Stimmenverluste für die GroKo-„Volksparteien“ bei den Wahlen in Hessen und Bayern und der Einzug der rechtspopulistischen AfD mit zweistelligen Prozentzahlen, bei gleichzeitigem Aufstieg der Grünen vor der SPD, markierten 2018 einen Wendepunkt in der deutschen Parteienlandschaft. Das Bekenntnis der Verlierer - „wir haben verstanden, liebe Wähler“ – blieb eine Phrase. Denn von der Bundestagswahl im September 2017 bis zur Regierungsbildung der neuen umstrittenen GroKo im März 2018 vergingen 6 Monate. Und dann erfolgte sogleich ein Fehlstart mit fast zweimaligem Auseinanderbrechen der neuen Bundesregierung, und zwar vor allem an dem von der AfD aufgezwungenen Flüchtlings- und Migrationsthema.
Der AfD war es tatsächlich gelungen, die „Regierung Merkel vor sich herzutreiben“, wie vom AfD-Vorsitzenden Gauland vorher angedroht. Auch auf die Ausschreitungen von Neonazis in Chemnitz und deren Verharmlosungen durch Verfassungspräsident Maaßen reagierten die staatstragenden Parteien unangemessen, ebenso wie nach den immer neuen Enthüllungen im NSU-Skandal (auch nach der Verurteilung von Tschäpe im jahrelangen Gerichtsprozess), sowie zuletzt bei rechten Seilschaften in Polizeirevieren.
SPD und CDU waren nach dem Wahldesaster vor allem mit sich selber beschäftigt, um sich ihre „Wunden zu lecken“ und sich „neu aufzustellen“, zuvorderst mit personellen Änderungen an der jeweiligen Parteispitze, nachdem Schulz (SPD) und Merkel (CDU) sowie Seehofer (CSU) ihren Vorsitzenden-Platz freigemacht hatten. Derweil mutierten die Grünen mit ihrer ebenfalls personell erneuerten Parteispitze zum Publikumsliebling, während die vielen Skandale der AfD scheinbar bei ihren Wählern nicht schaden. Die „Rückkehr zur Sachpolitik“ bei den Regierungsparteien mit vielen kleinen Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm ist zwar in einigen Themenfeldern teilweise gelungen, aber die Menschen im Lande vermissen in fast allen Politikfeldern die jetzt eigentlich notwendigen „großen Würfe“.
Regierungsbilanz
In 2018 wurde mehr denn je die betrübliche Bilanz von 13 Jahren Merkel und drei GroKo-Regierungen allenthalben sichtbar: Marode Infrastruktur, verarmte Kommunen und das Komplettversagen der Verkehrspolitik mit dem täglichen Verkehrschaos und der heftigsten Mobiltätskrise seit Bestehen der Bundesrepublik: Eingeschränkte Mobilität durch Staus auf fast allen Straßen, ungezähkte Baustellen wegen defekter Brücken, bei der Bahn alltägliche Verspätungen und Zugausfälle für Berufspendler im Nahverkehr und für Fernreisende sowie Service-Mängel u. v. m. wegen Unterfinanzierung der Bundesbahn aufgrund der seinerzeitigen Börsenpläne duch ein unfähiges Management. Außerdem tausende Flugausfälle und Flugverpätungen an den Flughäfen mitsamt stundenlange Warteschlangen an der Sicherheitskontrolle. Hinzu kommen Auto-Fahrverbote in vielen Städten, durch Konzerne betrogene Autokäufer wegen zu laxer Aufsicht des Bundesumweltamtes und anschließendes Politikversdagen gegenüber den kriminellen Machenschaften der betrügerischen Autokonzerne. Kaum aufholbare Rückstände gibt es auch bei der Digitalisierung, stattdessen Datenschutzprobleme allenthalben, wie auch der massenhafte Datenverkauf bei Facebook zutage förderte.
Schlimmer noch betreffen die Menschen jedoch als "neue soziale Frage" unbezahlbare Mieten und fehlende Wohnungen in den Städten und Ballungsräumen nach zurückliegenden Privatisierungswellen und jahrezehntelang versäumtem sozialen Wohnungsbau, ferner steigende Armutsquoten bei Erwerbstätigen trotz Arbeit, mit zugleich skandalöser Kinderarmut, Altersarmut mit Armutsrenten usw. Die Zahl der auf Suppenküchen und Tafeln angewiesenen Menschen hat sich in der Ära Merkel verdreifacht und die Zahl der Obdachlosen verdoppelt. Eine Bilanz des innenpolitischen Politik-Versagens fast auf ganzer Linie als Beleg der "sozialen Kälte", mit der die rechtspopulistische Pegida-Bewegung und deren parlamentarische Vertretrung (AfD) zusätzlichen Zulauf bekam. Der zunehmende Einfluss wirtschaftlicher Lobbyverbände bestimmte hinter den Kulissen wieder in vielen Bereichen die Politik, ohne dass eine wirksame Transparenz und Kontrolle des Lobbyeinflusses von der Politik gewollt ist.
Außen- und Europapolitik / Militär- und Rüstungspolitik
Über die defizitäre Europapolitik der deutschen Regierung und die von ihr gar nicht erst erwogen Wiederbelebung der Ostpolitik erst gar nicht zu reden, so dass wir stattdessen vor der Spaltung Europas stehen, mit gleichzeitiger Wiederbelebung des kalten Krieges mit einer nie dagewesenen Rüstungsspirale und Militarisierung der Europapolitik, die bei der Bundesregierung höchste Priorität genießt, ebenso wie die nahezu ungebremsten Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisenländer und "Schurkenstaaten". Die Erkenntnuis, dass es ohne sozialen Frieden keinen Frieden in der Welt und in Europa geben kann, wurde auch 2018 ignoriert. Das Versprechen Europas, etwa die zweistellige Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa zu beheben, blieb auch in 2018 unerfüllt, weil die steigenden militärischen Ausgaben erhöhte Sozialausgaben in der EU vereiteln.
Mit dem Brexit und der Austeritätspolitik gegenüber den Ländern Südeuropas sowie mit dem rechtspopulistischen Abdriften osteuropäischer Mitgliedsstaaten trat das brüchige Fundament der vielfach gescheiterten EU zutage. In der europäischen Flüchtlingspolitik mit zigtausenden Toten im Mittelmeer und mit menschenunwürdigen Auffanglagern und verweigerter Flüchtlingsaufnahme zeigte der einstige "Kontinent der Menschenrechte" in 2018 vielfach sein wahres Gesicht. Unaufgeklärt blieben auch die Ermordung von investigativen Journalisten in Malta und Slowenien, also inmitten der EU. In der Türkei, in China und anderswo wurden zahlreiche Journalisten, Menschenrechtler und Oppositionelle eingesperrt, und Europa versinkt in einen Sumpf von Steuerskandalen, wie die Panama-Papers, die Paradies-Papers oder die Cum-Cum und Cum-Ex-Geschäfte etc. offenbarten, so dass der Staatengemeinschaft zweistellige Milliardenbeträge für öffentliche Aufgaben und das Gemeinwohl verloren gingen.
Und statt fairen Handel zu betreiben, wurden in 2018 unfaire und von der Bevölkerung abgelehnte Freihandelsverträge abgeschlossen, die unsere Demokratie und Gewaltenteilung aushöhlen und den großen Konzernen und Lobbyverbänden den Vorrang vor dem Primat der Politik einräumen. Die armen Länder als Verlierer dieser radikalen Marktpolitik und der verfehlten Entwicklungshilfepolitik haben kaum Zukunftsperspektiven, so dass mit den Armuts- und Wirtschaftsflüchtlingen eine der Fluchtursachen, die man zu bekämpfen vorgibt, selber verursacht wurde. Flüchtlingsströme auch aus Südamerika über Mexiko an die hohen Grenzzäune der USA rüttelten die Weltgemeinschaft auf, ebenso die einseitige Kündigung des Atomabkommens mit dem Irak durch Donald Trump. Als Lichtblick konnte in 2018 die Annäherung zwischen Süd- und Nordkorea beobachtet werden, nachdem zuvor die Drohungen mit dem Atomprogramm Nordkoreas Sorgen bereitet hatten. Hoffnungen bereiteten auch die heftigen Proteste der Jugendlichen in Amerika gegen die dortigen Waffengesetze und Waffenlobbyisten. Terroranschläge hatte es auch in 2018 in mehreren Ländern wieder gegeben.
Der Wirtschaftsegoimus der führenden Nationalstaaten und Kontinente gipfelte in dem von Trump ausgerufenen Handelskrieg. Die großen spektakulären G-20-Gipfel gingen mit ernüchternden Ergebnissen auseinander, Die USA verließen zudem den UN-Menschenrechtsrat mit Trumps Aussage, das sei "die Jauchegrube der politischen Voreingenommenheit". Deutschland wiederum verweigerte in 2018 die Unterzeichnung des UN-Atomwaffenverbotsvertrages sowie des UN-Pakts für verbindliche Menschenrechtsnormen für transnationale Konzerne und Unternehmen, ohne dass darüber ein öffentlicher Diskurs stattfand.
Die verheerenden Kriege in Syrien und Jemen sowie in der Ost-Ukraine sowie weitere Bürgerkriege auf dem afrikanischen Kontinent sind menschliche Tragödien, die vom Versagen der Weltgemeinschaft zeugen. In China experimentierte ein Mediziner mit gentechnisch veränderten Babys und löste damit weltweite Empörung hervor. Ethik und Moral rücken wieder in den Blickpunkt der Betrachtungen bei menschlichen bis unmenschlichen Handlungen. Nicht zuletzt die bevorstehenden technischen Revolutionen im Zuge der nächsten forcierten Digitalisierungswelle, die in 2018 in aller Munde war, dürfen nicht zu dem (Aber-)Glauben und Heilsversprechen verführen, die Technik sei der Problemlöser für all unsere menschlichen Zuklunftsprobleme.
Menschliche Grenzen auf allen Ebenen durch die Technik zu überschreiten und den Menschen vielfach überflüssig zu machen, wirft vielmehr die Frage nach Wegen aus diesem Transhumanismus auf: Wenn durch gezielte genetische, neurotechnologische, prothetische und pharmakologische Eingriffe der menschliche Körper sowie Gefühle und neurologische Prozesse technisch manipuliert und optimiert werden, um Krankheit, Alter. Leid und Tod zu überwinden und somit die Erde mit einer künstlichen Intelligenz zu beherrschen - dann stellt sich die Frage nach Humanismus und Lebensverständnis sowie Menschenbild ganz neu. Mit dieser vorrangigen Frage sollten wir in das Neue Jahr 2019 gehen, nachdem im abgelaufenen Jahr die Frage nach Einfluss von Sommerzeit oder natürlicher Winterzeit als Normalzeit auf menschliches Wohlergehen ebenfalls an das menschliche Gefühlsleben heranreichte. Zum Jahreswechsel arrangieren wir uns erstmal mit den dunkelsten Tagen und längsten Nächten des Jahres und deren Einfluss auf unsere Gedankenwelt und unser Gefühlsleben..
Ausblick auf das Europa-Wahljahr 2019
Das kommende Jahr wird als Europa-Wahljahr den Fokus in besonderem Maße auf Europa als Wertegemeinschaft und Kontinent der Menschenrechte richten. Dabei geht es nicht nur um das Schicksal der 500 Mio. Menschen in den 27 EU-Ländern, sondern darüber hinaus um das Schicksal der gesamten Weltgemeinschaft, auf die Europa Einfluss nmmt und für die Europa Sehnsuchts- und Zufluchtsort ist für viele Flüchtende aus anderen Teilen der Welt. Darum können wir uns ein Zurück auf Nationalsstaatlichkeit und Abschottung oder ein Selbstverständnis aus bloßen Wirtschaftsegoismus als "stärkster Binnenmakt der Welt" nicht leisten. Die Europafrage ist deshalb DIE alles andere überlagernde Zukunftsfrage schlechthin im neuen Jahr 2019, die auch das Regierungshandeln in Deutschland ausgerichtet sein muss, mehr noch das Handeln der Menschen in der Zivigesellschaft in Europa, die aus der Zuschauerdemokratie herauskommen müssen - denn wir sind Europa und wir sind die Gestalter der Menschheitszukunft. Eine große Herausforderung, der wir uns gemeinsam stellen sollten.